‍Ist eine Immobilie als Altersvorsorge (noch) sinnvoll?

„Im Alter gut abgesichert“? Der wiederkehrende Titel des jährlichen Berichts der gesetzlichen Rentenversicherung scheint wie aus der Zeit gefallen. Aktuell liegt das Rentenniveau nach 45 Beitragsjahren und der auf 67 Jahr angehobenen Regelaltersgrenze bei 48,1 Prozent. Bis 2035 fällt es nach derzeitigen Berechnungen auf 43 Prozent und in 2045 sind es vermutlich noch etwa 41,6 Prozent. Zusätzliche Vorsorge ist daher geboten.

Im allgemeinen Tenor galt die eigene Immobilie bis dato als gute Altersvorsorge, weil sie den automatischen Vorteil mitbringt, dass Sie keine Miete zahlen müssen. Allerdings erlangen Sie diese finanzielle Freiheit nur, wenn Sie Ihren Baukredit bis zum Renteneintritt vollständig abbezahlt haben.

Unter den gegenwärtigen Vorzeichen einer hohen Inflation und hoher Hypothekenzinsen gerät gleichwohl so manche Kalkulation in durchaus schwere Turbulenzen. Wie groß also ist Altersvorsorge-Potential des Eigenheims? Kann eine vermietete Immobilie möglicherweise besser den Erhalt des Lebensstandards im Alter garantieren? Welche Bedingungen müssen dazu erfüllt sein? Lesen Sie Antworten auf diese Fragen im folgenden Ratgeber. 

Welche Möglichkeiten der Altersvorsorge mit Immobilien gibt es?

Relativ ungeachtet der Turbulenzen an den Zinsmärkten und der wirtschaftlichen Talfahrt, gaben im jüngsten Vermögensbarometer des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSVG) 59 Prozent derjenigen, die den Erwerb einer Immobilie planen, an, diese als Altersvorsorge selbst nutzen zu wollen, während nur 20 Prozent direkt eine Vermietung ins Auge gefasst hatten. Die Gründe für diese ungleiche Verteilung sind vielfältig und hängen wesentlich sicher mit dem überhaupt zur Verfügung stehenden Kapital zusammen.

Trotzdem läuft die selbstgenutzte Immobilie im allgemeinen Altersvorsorge-Ranking der vermieteten eindeutig (noch) den Rang ab. Was nicht bedeutet, dass die Beliebtheit einer kritischen Überprüfung unter den aktuellen finanzmarkttechnischen Bedingungen auch standhält (siehe dazu Punkt 2).

Die Alternative der vermieteten Immobilie als Altersvorsorge birgt einige Varianten, die jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile haben. So kann die Immobilie durchgängig vermietet, zeitweilig selbst genutzt oder zunächst vermietet und schließlich verkauft werden. Einzelheiten dazu unter Punkt 3.

Die selbstgenutzte Immobilie als Altersvorsorge

Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, sich eine Immobilie als Altersvorsorge anzuschaffen, dann sind Sie gut beraten, schon einige Dinge vor dem Bauen oder Kaufen unbedingt zu beachten. Elementar ist dabei, dass Sie sicherstellen müssen, dass Ihre eigenen vier Wände bis zum Rentenbeginn abbezahlt sind. Mit dem reduzierten Einkommen aus Ihrer Rente sind Sie kaum in der Lage, die fälligen Raten weiter zu bedienen. Interessant ist in diesem Zusammenhang gleichwohl, dass viele Analysen und Untersuchungen zu dem einmütigen Ergebnis kommen, dass nahezu alle Menschen für das Ziel „eigenes Haus“ ambitionierter sparen. Sie schränken sich im Konsum und in den Extraausgaben eher ein. Eigenheimbesitzer haben statistisch betrachtet eine deutlich höhere Sparquote als Mieter.

Gut zu wissen: Stecken Sie Ihr gesamtes Vermögen für die Altersvorsorge in eine Immobilie, dann gehen Sie damit das gefürchtete Klumpenrisiko ein. Ihr Kapital ist auf Jahrzehnte gebunden und es besteht grundsätzlich die Gefahr eines hohen Verlusts, sollten Sie plötzlich in einen Liquiditätsengpass geraten. 

Barrierefreiheit als Grundvoraussetzung für das Wohnen im Alter

Achten sie darauf, dass Ihre Immobilie von Anbeginn an so ausgestattet ist (oder wird), dass Sie die Standards für altersgerechtes Wohnen erfüllt. Das bedeutet beispielsweise:

  • Alle Türen im Haus sollten mindestens 90 Zentimeter breit sein.
  • Alle Bäder verfügen über eine bodengleiche Dusche und bieten hinreichend Bewegungsfreiheit (auch mit Rollstuhl oder Rollator). Haltegriffe und Einstiegshilfen lassen sich dagegen recht einfach nachrüsten.
  • Es gibt keine hohen Schwellen oder Absätze zwischen den Räumen.
  • Alle Treppen haben stabile Handläufe.
  • Alle Räume sind hervorragend ausgeleuchtet.
  • Optimal ist es, wenn Sie gegebenenfalls später vollständig auf der unteren Etage leben könnten.

Gut zu wissen: Für die eigenen vier Wände müssen Sie zwar keine Miete zahlen, aber eine Instandhaltungsrücklage bilden, um laufende Ausbesserungen und größere Reparaturen finanzieren zu können. Die allgemeine Faustformel dafür lautet: Mindestens ein Euro je Quadratmeter Wohnfläche pro Monat. Der Betrag steigt auf zwei Euro, wenn die Immobilie schon etwas älter ist.

Die Lagekriterien ändern sich im Ruhestand

In Zeiten Ihrer Erwerbstätigkeit war möglicherweise die Nähe zum Arbeitsplatz, zu Kino, Kultur- und Sporteinrichtungen ein entscheidendes Standortkriterium. Später sind es:

  • Fußläufige Verkehrsanbindungen an den öffentlichen Nahverkehr,
  • nahe gelegene Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf,
  • gut erreichbare Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser in der Umgebung.

Das Handicap der Größe des Hauses und des Grundstücks

Ein großer, prächtig bepflanzter Garten ist toll für Gartenpartys und das Toben und Spielen der Kinder. Es macht Spaß den üppigen Bewuchs regelmäßig zurückzuschneiden und die Beete neu zu bepflanzen. Beim samstäglichen Mähen der großzügigen Rasenflächen fällt der berufliche Stress regelmäßig ab. Funktioniert das alles auch mit 70 oder 75 Jahren noch?

Ein riesiges Haus sauber zu halten und zu pflegen, aus dem die Kinder längst ausgezogen sind, kann eine nicht nur mühselige, sondern auch recht einsame Arbeit sein. Und es dauert unglaublich lange, weil die körperliche Leistungsfähigkeit nachgelassen hat.

Wenn die Macht der Gewohnheit zum Verhängnis wird

Rentner, die seit vielen Jahren in selbstgenutztem Immobilieneigentum wohnen, entwickeln verständlicherweise ein hohe emotionale Verbundenheit mit ihrem Haus. Die Erinnerung an viele positive Erlebnisse kann sich ins Gegenteil verkehren, wenn ältere Menschen darauf beharren, in ihrem gewohnten Umfeld wohnen zu bleiben – obwohl ein Auszug wirtschaftlich und aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten sinnvoller wäre. Ein verwitweter Rentner mit eingeschränkter Mobilität ist nicht mehr in der Lage, ein großes Haus mit großem Garten instand zu halten. In der Folge verfällt im günstigsten Fall nur die Immobilie, schlimmer ist es, wenn der Eigentümer selbst zu Schaden kommt.

Die vermietete Immobilie als Altersvorsorge

Eine andere Möglichkeit eine Immobilie für die Altersvorsorge zu nutzen, ist, wie erwähnt, die Vermietung. Dabei gibt es grundsätzlich mehrere Optionen, die jeweils sowohl mit Vorzügen punkten können, jedoch auch Negativaspekte beinhalten.

Die durchgängig vermietete Immobilie

Möchten Sie gar nicht selbst in dem Haus wohnen, sondern die Immobilie konsequent vermieten, so kaufen Sie die Immobilie als Renditeobjekt. Im Idealfall finanziert sich die Immobilie durch die Mieteinnahmen weitgehend selbst, wenn diese ausreichen, um die monatlichen Kreditraten zu bedienen. Vorausgesetzt, die Immobilie ist bis zu Ihrem Renteneintritt abbezahlt, so bessern ab diesem Zeitpunkt die Mieteinnahmen Ihre Rente auf. Dieser Idealfall ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass Sie eine renditestarke Immobilie in so guter Lage Ihr Eigen nennen, dass Sie sich auf einen kontinuierlichen, besser noch: steigenden, Mietzins verlassen können. (Lesen Sie zur Vertiefung gerne den Ratgeber-Artikel: „Immobilien als Kapitalanlage: Chancen, Risiken, Rendite“ in diesem Blog).

Auf der Negativseite dieses Modell müssen Sie verbuchen, dass Sie die Mieteinnahmen versteuern müssen und zudem als Vermieter für die Instandhaltung und Verwaltung der Immobilie verantwortlich sind. Zudem sollten Sie tunlichst Rücklagen für größere Reparaturen bilden. Für gewöhnlich rechnet sich dieses Modell erst richtig, wenn Sie mehrere Immobilien vermieten können.

Die Immobilie erst selbst bewohnen und im Alter vermieten

Diese Variante bietet sich vor allem in jenen Fällen an, in denen die eigene Immobilie im Alter zu groß geworden ist. Sie ziehen also in eine kleinere, altersgerechte Mietwohnung um. Vorteile dieses Arrangements: Sie sparen in der Phase des Selbstbewohnens die Mietkosten und können stattdessen die Baufinanzierung tilgen. Ab dem Zeitpunkt der Vermietung müssen Sie zwar selbst wieder Miete für Ihre neue Wohnung zahlen – können aber gleichzeitig mit den Mieteinnahmen aus Ihrem Eigentum kalkulieren.

Kehrseite dieser Medaille: Ihre Mieteinnahmen müssen Sie versteuern und ungeachtet Ihres Auszugs weiterhin regelmäßig Geld für die Instandhaltung der Immobilie zurücklegen. Gegebenenfalls ist vor der Vermietung eine umfängliche Renovierung nötig, für die Sie Mittel angespart haben sollten.

Die Immobilie erst vermieten und im Alter selbst darin wohnen

Dieses Modell vertauscht quasi die Vorzeichen des zuvor genannten: Während der Finanzierungsphase tilgen die Mieteinnahmen im günstigsten Fall das Baudarlehen, während Sie selbst Miete zahlen. Im Ruhestand müssen Sie sich dann allerdings keine Gedanken mehr um steigende Mieten machen. Aber: Aus der eventuell nötigen Renovierung in der obigen Variante wird in diesem Fall mit Sicherheit eine umfassende Sanierung, die nach Jahren der Vermietung einen altersgerechten Umbau zum Ziel hat. Die Kosten dieser Maßnahmen müssen Sie aus Eigenkapital bestreiten können – denn ansonsten hätten Sie im Alter von Ihrer Rente zusätzlich einen Kredit abzubezahlen. Zudem werden Sie mit einiger Wahrscheinlichkeit Schwierigkeiten haben, als Rentner überhaupt noch einen Kredit zu bekommen. Die Banken sind da sehr zugeknöpft.

Die Immobilie als Altersvorsorge verkaufen

Die Option, die abbezahlte Immobilie zu Rentenbeginn zu verkaufen, funktioniert ausdrücklich nicht nur bei bis dato vermieten Objekten, sondern selbstredend auch bei selbstgenutztem Eigentum. Die Vorteilsrechnung sieht wie folgt aus: Sie sparen sich bis ins hohe Alter die Mietkosten und tilgen stattdessen Ihr Baudarlehen – oder Sie nutzen die Zahlungen Ihrer Mieter zur Bedienung der Kreditraten. Im Alter verkaufen Sie dann die Immobilie zu einem so guten Preis, dass Sie fortan gut in einer Mietwohnung leben können und trotzdem noch ein finanzielles Polster übrigbleibt, um Ihnen eine angenehmen Lebensabend garantieren zu können.

Sie ahnen vermutlich, dass auch diese Variante nicht so glänzend ist, wie sie erscheint. Niemand kann Ihnen heute garantieren, dass Sie für Ihre Immobilie einen so hohen Preis erhalten, den Sie für Ihre weitere Planung eines unbeschwerten Lebens benötigen. Zwar gewährleistet jede Immobilie als Sachwert eine gewisse Wertstabilität, aber ob beispielsweise der Standort in 30 Jahren noch attraktiv ist – etwa, weil die Region wirtschaftlich am Boden liegt und von Abwanderung gekennzeichnet ist –, kann definitiv niemand sicher prognostizieren. Nichtsdestotrotz setzt eine solcher Plan zudem voraus, dass Sie Ihre Immobilie über all die Jahre überdurchschnittlich gut „in Schuss halten“ und konsequent modernisieren.

Die Immobilienverrentung als Altersvorsorge-Modell

Die Immobilienverrentung mit Bezug einer sogenannten Leibrente ist in Deutschland – anders als in vielen europäischen Ländern – bislang noch wenig verbreitet. Das Prinzip dahinter ist recht einfach: Sie verkaufen Ihre (abbezahlte!) Immobilie an einen gewerblichen Leibrenten-Anbieter, der Ihnen den Kaufpreis jedoch nicht als einmalige Summe, sondern als regelmäßige, lebenslange Rente zahlt. Zusätzlich erhalten Sie ein Wohnrecht auf Lebenszeit in Ihrem Haus und müssen sich fortan nicht mehr um den Unterhalt und die Instandhaltung der Immobilie kümmern. Der Wert Ihres Wohnrechts wird gleichwohl vorab vom Kaufpreis abgezogen. Außerdem können Sie zu Beginn eine einmalige, höhere Kapitalleistung vereinbaren.

Das Leibrenten-Modell scheint auf den ersten Blick mit vielen Vorzügen zu punkten und kann für Rentner, die ihr Vermögen zu Lebzeiten aufbrauchen möchten, auch recht praktikabel sein. Wirtschaftlich betrachtet, ist das Ganze jedoch eine recht unattraktive Angelegenheit. Und dies in erster Linie deshalb, weil der Kaufpreis, den Sie als Rente ausgezahlt bekommen, durch die hohen Risikoabschläge des Käufers und den Wert des Wohnrechts arg geschmälert wird. (Lesen Sie eine ausführliche Beleuchtung der Vor- und Nachteile im Ratgeber „Leibrente erklärt – Vorteile, Nachteile & Alternativen“ in diesem Blog).

Eine Immobilie als alleinige Altersvorsorge reicht nicht

Im Alter unabhängig von steigenden Mieten zu sein, ist ohne Zweifel ein großer Vorteil. Allerdings müssen Eigentümer konsequent Rücklagen bilden, um ihre Immobilie in instand zu halten und um für größere Reparaturen gewappnet zu sein. Diese Kosten haben Mieter nicht. Zudem können Sie Beton weder essen noch sich einen Wintermantel dafür kaufen. Meint: Sie müssen durch andere Vorsorgemaßnahmen sicherstellen, dass Sie hinreichend flüssige, finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um Ihren Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Stecken Sie schon zu Lebzeiten Ihr gesamtes Kapital einzig und allein in die Finanzierung einer Immobilie, dann reicht diese als Altersvorsorge im Normalfall nicht aus. Anders sieht es aus, wenn die Immobilie Bestandteil einer ausgewogenen, ganzheitlichen Altersvorsorgestrategie ist, die auch andere Anlageformen inkludiert. Dann kann die Immobilie zu einem tragenden Pfeiler und wichtigen Garanten zukünftiger, sorgenfreier Lebensqualität werden. 

FAQs

1. Warum ist die Lage bei einer Immobilie als Altersvorsorge so wichtig?

Möchten Sie die Immobilie selbst bewohnen, sollten Sie auf eine optimale Infrastruktur achten, die Sie im Alter benötigen, also gute Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte und Apotheken in der Nähe. Planen Sie die Immobilie zu vermieten, brauchen Sie ebenfalls eine attraktive Lage, um hohe Mieteinnahmen erzielen zu können.

2. Welches Risiko besteht bei der Überlegung, die Immobilie als Altersvorsorge zu verkaufen?

Das neue Haus von heute ist bei Rentenantritt eine 30 Jahre alte Bestandsimmobilie. Sie müssen sie während dieser Zeit stets supergut pflegen, um einen attraktiven Kaufpreis dafür zu erhalten. Das setzt voraus, dass Sie kontinuierlich über die finanziellen Mittel verfügen, um die notwendigen Renovierungen und Modernisierungen durchführen zu können.

3. Wie kann eine Immobilie effektiv zur Altersvorsorge beitragen?

Eine Immobilie ist immer dann eine supergute Altersvorsorge, wenn sie zusammen mit anderen Anlageformen Ihre Altersvorsorge ausmacht – wenn also Ihre Altersvorsorge auf mehrere Standbeine verteilt ist. Dann garantiert Ihnen eine selbstbewohnte Immobilie Mietunabhängigkeit oder die vermietete Immobilie zusätzliche Einkünfte. Elementar wichtig ist daneben jedoch eine finanzielle Unabhängigkeit.

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