Erbengemeinschaft & Immobilie: Rechte, Pflichten & Lösungen

Was haben der Künstler Pablo Picasso und der Luftfahrtpionier Howard Hughes, der Operntenor Luciano Pavarotti und der Regisseur Dieter Wedel gemeinsam? Nun, sie alle waren prominent, ziemlich reich – und hinterließen Erbengemeinschaften, die sich – zur hellen Freude der Boulevardpresse – mehr oder weniger öffentlich und mehr oder weniger erbittert um den Nachlass zanken. Es scheint quasi in der DNA einer jeden Erbengemeinschaft verankert zu sein, dass sie eher auf Konflikt als auf Harmonie zustrebt.

In Deutschland legt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) die Spielregeln innerhalb einer Erbengemeinschaft recht eindeutig fest – und diese unterstellen ebenfalls ein grundsätzliches Einvernehmen, das oft schlicht nicht vorhanden ist.

Lesen Sie im folgenden Ratgeber, welche Rechte und Pflichten in einer Erbengemeinschaft gelten, was sie darf, was sie kann und warum Sie als Eigentümer diese Zwangsgemeinschaft zum Wohle Ihrer Immobilie – und Ihrer Erben – besser vermeiden sollten.

Was ist eine Erbengemeinschaft?

Eine Erbengemeinschaft entsteht zwangsweise immer dann, wenn ein Verstorbener kein Testament hinterlässt und die gesetzliche Erbfolge greift oder der Erblasser in seinem Testament ausdrücklich mehrere Erben bestimmt hat. Jeder Erbe wird unabhängig von seinem Willen automatisch Teil dieser Zwangsgemeinschaft – es sei denn, er schlägt sein Erbe innerhalb einer Frist von sechs Wochen aus. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem er Kenntnis von der Erbschaft erhalten hat. Ihm steht fortan nur noch ein Pflichtteil zu.

Eine Erbengemeinschaft begründet sich daher von weiteres Zutun, wenn die vom Gesetzgeber vorgegebene Erbfolge in Kraft tritt, weil keine gültige letztwillige Verfügung des Erblassers vorhanden ist oder wenn der Verstorbene die Erbengemeinschaft, Achtung: es folgt eine recht hübsche sprachliche Akrobatik, „gewillkürt“ vorgesehen hat, das meint so viel wie: aus freien Stücken bestimmt hat (§§ 2032 bis 2041 BGB).

Der Teil des Erbes, der jedem Mitglied der Erbengemeinschaft zusteht, der sogenannte Erbteil, berechnet sich auf Basis seiner Erbquote. Und diese wiederum ergibt sich automatisch entweder aus der gesetzliche Erbquote oder alternativ aus der testamentarischen Verfügung.

So weit, so einleuchtend. Kompliziert und konfliktträchtig wird es nun bei den gesetzlichen Vorgaben, die den Handlungsspielraum der Erbengemeinschaft bestimmen. Die Summe aller Erbschaftsgegenstände wird von der Erbengemeinschaft nämlich als sogenanntes „Gesamthandseigentum“ (Eigentum zu gesamten Hand) gehalten. Das bedeutet: Der jeweilige Miterbe kann nicht über einzelne Nachlassgegenstände, sondern nur über seinen Miteigentumsanteil am Nachlass – also sein Bruchstück am Ganzen – verfügen. Im Falle einer Immobilienerbschaft ergibt sich daraus die zwingende Notwendigkeit, sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen.

Gut zu wissen: Eigentümer der Immobilie wird ebenfalls die Erbengemeinschaft, an der jeder Miterbe anteilsmäßig beteiligt ist. Die Erben werden als neue Eigentümer „in Erbengemeinschaft“ in das Grundbuch eingetragen – inklusive ihrer Erbquote. Diese Eintragung ist übrigens bis zu zwei Jahre nach Eintritt des Erbfalls kostenlos. Es reicht ein entsprechender Antrag, ein Notar muss nicht konsultiert werden.

Welche Rechte und Pflichten hat die Erbengemeinschaft einer Immobilie?

Die Erbengemeinschaft tritt die Rechtsnachfolge des Verstorbenen an – und übernimmt damit alle Rechte und Pflichten, die sich aus dem Nachlass, respektive der gerbten Immobilie, ergeben.

Zu den Pflichten zählen dabei ganz praktisch:

• Die Verwaltung der Immobilie: Die Erbengemeinschaft ist gemeinsam für die Verwaltung der Immobilie zuständig. Diese umfasst, je nach Immobilie, neben der puren Instandhaltung und der Ausführung notwendiger Reparaturen, auch die Verwaltung und Betreuung von Mietverträgen, sofern das Haus vermietet ist.

• Zahlung von Steuern und Gebühren: Die neuen Eigentümer müssen die Zahlung der Grundsteuer sowie der Gebühren für Abwasser, Straßenreinigung und Müllbeseitigung fortführen. Gleiches gilt für die Beiträge zur Wohngebäudeversicherung und der Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht.

• Haftung für Schulden: Die Erbengemeinschaft erbt nicht nur die Immobilie, sondern auch Schulden und Verbindlichkeiten. Die Annahme des Erbes ist daher für alle Erben gleichbedeutend mit einer Haftung gegenüber Dritten. Sie werden Gesamtschuldner, die von Dritten jedoch auch einzeln in Anspruch genommen werden können. Die Haftung erstreckt sich gleichwohl nur bis zur Höhe des geerbten Vermögenswerts. In jedem Fall müssen laufende Kreditzahlungen zunächst fortgeführt werden. Es ist ratsam, den Kreditgeber über den Tod und die Erbengemeinschaft zu informieren.

In die Rubrik Rechte fallen insbesondere:

• Eigenbedarf bei Mietimmobilien: Bei vermieteten Immobilien tritt die Erbengemeinschaft in den bestehenden Mietvertrag ein. Möchte ein Miterbe das Haus selbst beziehen, so kann er im Einvernehmen mit den anderen (!) den bestehenden Mietvertrag mit dem Mieter unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen und nachweislich Eigenbedarf geltend machen.

• Einkünfte durch Mietzahlungen: Ebenfalls für Mietimmobilien gilt, dass die Erbengemeinschaft selbstverständlich die bestehenden Mietverhältnisse in bewährter Manier fortführen und die Mietzahlungen als Einkünfte verbuchen kann.

• Gewinnerzielung durch Verkauf: Zum wirtschaftlich zumeist besten Ergebnis führt ein einvernehmlicher (!), einstimmig (!) beschlossener, freier Verkauf der Immobilie. Auf diese Weise werden (weitere) Streitigkeiten unter den Erben vermieden und der Verkaufserlös wird entsprechend der jeweiligen Erbanteile aufgeteilt. (zu den weiteren Optionen des Umgangs mit einer geerbten Immobilie weiter unter).

• Verkauf des Erbteils: Jeder Erbe hat das Recht, über seinen Anteil am gesamten Nachlass zu verfügen und kann seinen Erbteil an eine dritte Person verkaufen. Der Gesetzgeber räumt den Miterben in einem solchen Fall jedoch ein Vorkaufsrecht ein (§ 2034 BGB), damit kein „Fremder“ Teil der Erbengemeinschaft wird.

Gut zu wissen: Möchte ein Miterbe in das geerbte Einfamilienhaus einziehen und verweigert ein anderer Miterbe seine Zustimmung, so ist die angedachte Nutzung nicht möglich. Auch wenn dies bedeutet, dass die Immobilie leerstehen bleibt und mit der Zeit verfällt.

Wer entscheidet in einer Erbengemeinschaft?

Dass es in Erbengemeinschaften so oft zu erbitterten und langwierigen Streitigkeiten kommt, hat sicherlich auch damit zu tun, dass sich in dieser Zwangsgemeinschaft plötzlich Verwandte zu einer Zusammenarbeit genötigt sehen, die sich „in ihrem Leben davor“ schon längst nicht mehr viel zu sagen hatten – um es einmal gelinde auszudrücken.. Nicht selten werden tiefsitzende Verletzungen oder Kränkungen aus der Vergangenheit wieder an die Oberfläche gespült und emotionale Verwerfungen übernehmen das Zepter. Die Beharrlichkeit, mit der diese Animositäten dann allerdings ausgetragen werden (können), resultiert allerdings auch aus den restriktiven Regeln, die der Gesetzgeber für die Entscheidungsfindung in einer Erbengemeinschaft aufgestellt hat.

Im Prinzip reicht ein mehrheitlicher Beschluss der Erben nur für die Angelegenheiten einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2038 BGB). Dazu gehören beispielsweise die Beheizung der Immobilie im Winter und die Organisation eines Winterdienstes, das Lüften der Immobilie im Sommer und die Reparatur des defekten Garagentors, die Überweisung der Gebühren für die Müllabfuhr und des Abschlags für den Strom. Dabei richtet sich das Stimmrecht der Miterben nach der Größe ihrer Anteile.

Alles, was jedoch über diese ordnungsgemäße Verwaltung hinausgeht, bedarf der einstimmigen Entscheidung. Stellt sich folglich nur ein Miterbe sprichwörtlich „quer“, so kann die Immobilie weder verkauft noch vermietet werden, kann der Kredit nicht abgelöst oder umgeschuldet werden, ist es nicht möglich, die Immobilie einem Miterben zur Selbstnutzung zu überlassen. Das Diktat der Einstimmigkeit klebt an der Erbengemeinschaft wie ein tonnenschwerer Klotz.

Einzige Ausnahme von dieser Maßregel: Für „Maßnahmen der notwendigen Verwaltung“ reicht ebenfalls der Mehrheitsbeschluss. Wird beispielsweise das Dach durch ein heftigen Sturm abgedeckt, dann kann es auch ohne einstimmiges Placet repariert werden.

Zur Veranschaulichung der nicht selten katastrophalen Folgen, die Uneinigkeit gepaart mit Entscheidungsgerangel haben können, hier ein Beispiel aus der Praxis eines Anwalts für Erbrecht:

Eine Erbengemeinschaft aus vier Erben hatte ein Familienwohnhaus mit acht Wohnungen geerbt. Die Vorstellungen darüber, wie mit dem Haus umgegangen werden sollte, waren denkbar unterschiedlich. Über Jahre hinweg konnten sich die Erben nicht einigen. Die Streitigkeiten wirkten sich auch auf die Mieter aus, die nach und nach auszogen. Schließlich stand die Immobilie leer. Kein Erbe kümmerte sich um die Verwaltung und den Unterhalt beziehungsweise jeder kritisierte den anderen und verhinderte so konstruktive Aktivitäten.

Da der Leerstand des Hauses inzwischen offenkundig war, verschafften sich Obdachlose und feierlustige Jugendliche Zutritt. Die Immobilie geriet mehr und mehr in Verruf – und verfiel. In einer Teilungsversteigerung wurde sie auf Antrag eines Nachkommens eines zwischenzeitlich verstorbenen Erben schließlich zwangsweise versteigert. Ein Bauunternehmer erhielt den Zuschlag. Nach acht Jahren war die Immobilie so heruntergekommen, dass nur noch der Abriss infrage kam. Der Erlös des Versteigerungsverfahrens fiel entsprechend mager aus.

Verkauf und Verteilung: Was bedeutet Erbauseinandersetzung bei Immobilien?

Die Erbengemeinschaft ist vom Gesetzgeber nicht als „Dauereinrichtung“ vorgesehen, vielmehr ist sie im Grundsatz auf Auflösung und Abwicklung angelegt. Der Begriff „Erbauseinandersetzung“ steht daher im deutschen Erbrecht nicht etwa für die Streitigkeiten/Auseinandersetzungen der Erben untereinander, sondern für das exakte Gegenteil: Die Aufteilung des Erbes. Diese Zielvorgabe wird unter anderem durch den § 2042 BGB untermauert, wonach jeder Erbe jederzeit die Auseinandersetzung des Erbes verlangen darf. Dieses Recht kann im Falle einer Immobilienerbschaft und zerstrittener Erbengemeinschaft fatale Folgen haben: Da sich eine Immobilie ja in den seltensten Fällen „aufteilen“ lässt, bleibt dem „abtrünnigen“ Erben nur der Weg zum Amtsgericht, bei dem er einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen kann.

Idealerweise sollte die Erbauseinandersetzung jedoch einvernehmlich erfolgen – und anschließend in einen Erbauseinandersetzungsvertrag fixiert werden, der notariell beurkundet wird. Nach Abschluss der Auseinandersetzung und Verteilung des Nachlasses wird die Erbengemeinschaft automatisch aufgelöst.

Welche Optionen gibt es für die Immobilie einer Erbengemeinschaft?

1. Die geerbte Immobilie verkaufen

Der Verkauf der geerbten Immobilie erscheint in der Theorie oftmals als die einfachste, schnellste und gerechteste Lösung. Das Haus wird veräußert und der Erlös entsprechend der Erbanteile innerhalb der Erbengemeinschaft aufgeteilt. Fertig. Leider sieht die Praxis zumeist gänzlich anders aus. Größte Hürde dabei: Die Notwendigkeit eines einstimmigen Votums. Nahezu immer gibt es jedoch unter den Erben Kandidaten, die die Immobilie lieber behalten wollen – wahlweise aus emotionalen Gründen (Elternhaus) oder auch aus eigennützigen (geplante Selbstnutzung). Die Verkaufswilligen können natürlich versuchen, den „Querulanten“ auszuzahlen, indem sie ihm seinen Erbanteil abkaufen – was jedoch nicht selten an fehlender Liquidität scheitert.

Wichtig: Erbengemeinschaften sind grundsätzlich gut beraten, die Immobilie vor weiteren Aktionen professionell bewerten zu lassen. Der aktuelle Verkehrswert liefert eine belastbare Kalkulationsbasis für alle zukünftigen Entscheidungen.

Gut zu wissen: Oft kann eine Mediation eine Eskalation innerhalb der Erbengemeinschaft verhindern. Dabei versucht ein neutraler Dritter, die Interessen aller Miterben zusammenzuführen und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Einige Immobilienmakler bringen diese Zusatzqualifikation mit. Ein so geschulter Makler kann nach einem erfolgreichen Abschluss dann praktischerweise gleich mit dem Verkauf der Immobilie betraut werden.

2. Das geerbte Haus gemeinsam vermieten

Handelt es sich bei der Immobilienerbschaft um ein bereits vermietetes Mehrfamilienhaus in guter Lage, kann es sich anbieten, den Status quo einfach fortzuführen. Dies würde allerdings automatisch bedeuten, dass die Erbengemeinschaft dauerhaft fortbestehen müsste, um als Vermieter zu fungieren. Ein solche Konstellation ist vom Gesetzgeber allerdings nicht vorgesehen – ganz zu schweigen davon, dass sie kaum praktikabel wäre. Die Erbengemeinschaft muss in einem solchen Fall in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) umgewandelt werden. Hintergrund: Eine Erbengemeinschaft ist keine juristische Person, die rechtsverbindliche Geschäfte, wie beispielsweise Mietverträge, abschließen könnte. Die Gründung einer GbR ist prinzipiell sehr einfach, der gemeinsam auszuhandelnde Gesellschaftsvertrag setzt allerdings, wiederum, Einigkeit und Zielkonformität voraus.

Besteht die Immobilienerbschaft hingegen aus einem bislang nicht vermieteten Haus, birgt eine Neu-Vermietung durchaus Tücken. Vermutlich muss zunächst umgebaut werden, was zu Kosten führt, die von der Erbengemeinschaft quasi vorgestreckt werden müssen. Es stellen sich außerdem Fragen wie: Garantiert der Standort eine regelmäßige, konstante Vermietung? Wie hoch sind die Mieteinnahmen? Wer kümmert sich um Verwaltung und Instandhaltung? Insbesondere, wenn keiner der Miterben „vom Fach“ ist, kann das Unterfangen schnell in Schieflage geraten. Für den rechtlichen Rahmen gelten zudem die oben genannten Regeln.

3. Selbstnutzung durch einen Miterben plus Ausgleichszahlung

Falls einer der Miterben in das Haus einziehen möchte, um es in Zukunft selbst zu nutzen, so müssen, wie oben erwähnt, erstens alle Miterben damit einverstanden sein und er muss, zweitens, seine Miterben finanziell entschädigen. Diese Option setzt logischerweise voraus, dass der Selbstnutzer in spe über die nötigen Mittel verfügt, respektive einen entsprechenden Kredit stemmen kann. Auch in diesem Fall ist es elementar, dass der Verkehrswert der Immobilie zuvor professionell ermittelt wird. Auch sollte Klarheit über den Umfang und die Kosten notwendiger Sanierungen herrschen.

Unter steuerlichen Gesichtspunkten ist es für den Miterben in jedem Fall vorteilhafter, das neue Zuhause aus einer Erbengemeinschaft heraus zu erwerben als eine Bestandsimmobilie auf dem freien Markt zu kaufen: Er muss darauf keine Grunderwerbsteuer zahlen.

4. Die schlechteste Lösung: Die Teilungsversteigerung

Ist eine Einigung innerhalb der Erbengemeinschaft auf absehbare Zeit nicht in Sicht, so steht es jedem Miterben, wie oben erwähnt, frei, beim Amtsgericht einen Antrag auf Teilungsversteigerung der Immobilie zu stellen. Er kann dies jederzeit tun, unabhängig davon, ob die Marktlage nun günstig oder eher miserabel ist. Die Immobilie wird dann von einem amtlichen Gutachter bewertet und öffentlich zwangsversteigert. Der Verkaufserlös einer solchen Versteigerung liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer unter der Summe, die die Immobilie bei einem Verkauf auf dem freien Markt erzielt hätte.

Das Verfahren kann sich gegebenenfalls einige Zeit hinziehen – währenddessen muss die Immobilie gleichwohl weiterhin unterhalten werden. Der monetäre Erlös wird final – nach Abzug aller Gebühren und der Bedienung eventuell noch ausstehender Kredite – entsprechend der jeweiligen Erbanteile auf die Mitglieder der Erbengemeinschaft aufgeteilt. Die Erbauseinandersetzung ist damit vollzogen und die Erbengemeinschaft erlischt automatisch.

Gut zu wissen: Mit dem Erlös einer solchen Teilungsversteigerung muss die Erbengemeinschaft auch eventuelle Pflichtteilsansprüche bedienen, die Angehörige geltend machen können, die vom Erblasser enterbt wurden, gleichwohl ein Anrecht auf den sogenannten Pflichtteil haben.

Exkurs Immobiliennachlass: So funktioniert die gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge legt fest, in welcher Reihenfolge Angehörige und Verwandte des Erblassers welchen Anteil am Nachlass erben. Sie greift immer dann, wenn es kein Testament oder sonstige letztwillige Verfügungen des Verstorbenen gibt – oder wenn ein Testament ungültig ist. Aufgabe des Nachlassgerichts oder eines Nachlasspflegers ist es, die Erbfolge festzustellen und die Erben ausfindig zu machen. Die „identifizierten“ Erben bilden anschließend automatisch eine Erbengemeinschaft.

Der Gesetzgeber teilt Angehörige und Verwandte in fünf Ordnungen auf:

- Gesetzliche Erben erster Ordnung (§ 1924 BGB):

Abkömmlinge des Erblassers, also Verwandte in gerade Linie. Dazu zählen: Kinder, Enkel und Urenkel. Nichteheliche und adoptierte Kinder haben die gleichen Ansprüche wie eheliche Kinder.

- Gesetzliche Erben zweiter Ordnung (§ 1925 BGB):

Eltern des Verstorbenen und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers, die Kinder der Geschwister (Nichten und Neffen) sowie die Enkelkinder der Geschwister.

- Gesetzliche Erben dritter Ordnung (§ 1926 BGB):

Die Großeltern des Verstorbenen und deren Abkömmlinge (Onkel und Tanten des Erblassers), in Folge auch deren Kinder, also Enkel der Großeltern sowie Vettern und Cousinen des Verstorbenen.

- Gesetzliche Erben vierter Ordnung:

Die Urgroßeltern des Verstorbenen und deren Nachkommen.

- Gesetzliche Erben fünfter Ordnung:

Die Ururgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.

• So funktioniert die gesetzliche Erbfolge:

Grundsätzlich schließen Erben der ersten Ordnung die Erben nachfolgender Ordnungen aus. Dieses Prinzip gilt für das gesamte System: Solange Erben einer vorrangigen Ordnung noch leben, werden die Erben einer nachrangigen Ordnung nicht bedacht. Auch innerhalb einer Kategorie gilt stets, dass Angehörige, die dem Verstorbenen näherstanden als andere, bevorzugt werden, also beispielsweise Kinder vor Enkelkindern, oder Eltern vor Geschwistern.

Wichtig: 

- Stiefkinder sind allein gesetzliche Erben ihres leiblichen Elternteils, nicht des Stiefelternteils.

- Der Ehe- oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers hat eine Sonderstellung.

- Der sogenannte Pflichtteil beläuft sich immer auf 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils, der unter Berücksichtigung aller Erben errechnet wird – also auch derjenigen, die das Erbe eventuell ausgeschlagen haben.

• Aufteilung innerhalb der drei ersten Ordnungen

Gesetzliche Erben der ersten Ordnung, also Kinder, Enkel und Urenkel erben folgendermaßen: Der Nachlass geht zu gleichen Teilen an die Kinder. Ist eines der Kinder bereits verstorben, so steht dessen Erbteil seinen Kindern zu, also den Enkeln des Erblassers zu.

Für die zweite Ordnung gilt: Leben beide Elternteile noch, so erben sie allein. Ist ein Elternteil bereits verstorben, erbt der noch lebende Elternteil die Hälfte, die andere Hälfte steht den Kindern des verstorbenen Elternteils, also den Geschwistern, des Erblassers zu. Sind beide Eltern verstorben, geht der gesamte Nachlass zu gleichen Anteilen an die Geschwister des Erblassers. Sollten auch die Geschwister nicht mehr leben, haben deren Kinder, also die Nichten und Neffen des Verstorbenen, Anspruch.

Für die dritte Ordnung haben die Regeln der zweiten Kategorie ebenfalls Gültigkeit: Leben alle vier Großelternteile, erben sie zu gleichen Anteilen. An die Stelle bereits verstorbener Großelternteile treten deren Nachkommen, also Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen des Erblassers.

• Gesetzlicher Erbanspruch des Ehepartners

Wie viel ein Ehepartner erbt, hängt wesentlich davon ab, in welchem Güterstand die Partner gelebt haben – und welche Verwandten noch leben.

Gibt es noch lebende Verwandte der ersten Ordnung, bekommt der Ehepartner – oder eingetragene Lebenspartner – grundsätzlich ein Viertel des Nachlasses.

Leben nur noch Verwandte der zweiten Ordnung oder Großeltern, erbt er die Hälfte. Leben hingegen nur noch Verwandte der dritten Ordnung, die nicht die Großeltern sind, wird der Ehepartner zum Alleinerben.

Haben die Ehepartner keinen notariell beurkundeten Ehevertrag abgeschlossen, so gilt qua Gesetz die Zugewinngemeinschaft. In dieser erhält der Ehepartner zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil ein Viertel des Nachlasses als pauschalierten Zugewinnausgleich. So kommt der überlebende Partner – auch bei noch lebenden Verwandten der ersten Ordnung – im Saldo auf die Hälfte des Nachlasses.

Bei vereinbarter Gütertrennung erbt der überlebende Partner neben Verwandten der ersten Ordnung ein Viertel des Nachlasses.

Im Falle einer Gütergemeinschaft gilt das Vermögen der Ehepartner als gemeinschaftlicher Besitz, von dem dem hinterbliebenen Ehepartner per se bereits die Hälfte gehört. Zusätzlich zu dieser Hälfte hat er neben den Erben der ersten Ordnung einen gesetzlichen Anspruch auf ein Viertel.

Erbengemeinschaft und Erbschaftssteuer

Die Erbengemeinschaft ist von Gesetzes wegen, das sollte bis hierher deutlich geworden sein, darauf fokussiert, dass alles allen zusammen gehört und alles gemeinsam entschieden wird. Mit dieser (oft eh nicht vorhandenen) Gemeinsamkeit ist es allerdings vorbei, wenn der Fiskus auf den Plan tritt: Nicht die Erbengemeinschaft, sondern der einzelne Miterbe wird zur Erbschaftssteuer herangezogen. Obwohl also der Erbe in der Erbengemeinschaft nicht über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassobjekten verfügen kann, werden ihm diese „Objekte“ bis zur Erbauseinandersetzung anteilig zugerechnet. Die Höhe der Steuerschuld jedes Miterben richtet sich folglich nach dem steuerlichen Gesamtwert des Nachlasses, der auf ihn entfallenden Erbquote sowie den persönlichen, steuerlichen Bedingungen.

Zu diesen persönlichen, steuerlichen Bedingungen gehört zunächst der steuerliche Freibetrag, der sich am Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser bemisst. Er beträgt für:

- Ehe- und Lebenspartner: 500.000 Euro,

- Kinder: 400.000 Euro

- Enkel: 200.000 Euro,

- Eltern und Großeltern: 100.000 Euro,

- alle sonstigen Erben: 20.000 Euro.

Nur der Wert des Erbanteils, der über dem jeweils geltenden Freibetrag liegt, wird besteuert. Dies allerdings, und jetzt wird es ein wenig kompliziert, in unterschiedlichen Steuerklassen und zu differenten Prozentsätzen.

Zunächst einmal ordnet das Erbschaftsteuergesetz alle Erben in drei Steuerklassen ein, die sich wiederum am Verwandtschaftsgrad orientieren:

- Steuerklasse I: Ehe- und Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder, Enkel, Eltern und Großeltern,

- Steuerklasse II: Geschwister, Nichten und Neffen, Stiefeltern, Schwiegereltern und -kinder, geschiedene Ehepartner,

- Steuerklasse III: alle übrigen Erben.

Die eigentlichen Steuersätze richten sich nun nach der Höhe des (die Freibeträge übersteigenden) Vermögens, das geerbt wird. Die Bandbreite reicht von 7 Prozent bis 50 Prozent.

Beispiel: Bei einem Erbanteil bis 75.000 Euro (über dem Freibetrag) setzt der Fiskus in Steuerklasse I 7 Prozent, in Steuerklasse II 15 Prozent und in Steuerklasse III 30 Prozent Erbschaftsteuer fest. Sind es hingegen 600.000 Euro, die der Verstorbene einem Erben hinterlassen hat, so werden in Steuerklasse 1 15 Prozent, in Steuerklasse II 25 Prozent und in Steuerklasse III 30 Prozent Erbschaftsteuer fällig.

Fazit zur Erbengemeinschaft: Vermeiden Sie sie nach Möglichkeit!

Das Fazit zur Erbengemeinschaft kann grundsätzlich nur lauten: Setzen Sie sich noch heute Abend an Ihren Schreibtisch und verhindern Sie diese unglückselige Zwangsgemeinschaft durch ein eindeutiges Testament. Sie müssen dazu nur handschriftlich verfügen, wer von Ihren Nachkommen was erben soll und das Ganze mit Ort, Datum und Ihrer Unterschrift versehen. Eine Erbengemeinschaft birgt immer die Gefahr von problematischen Konstellationen und unterschwelligen oder auch offenen Konflikten.

Durch das starre Korsett an gesetzlichen Vorschriften gibt es zudem kaum Möglichkeiten, Streitigkeiten „elegant“ beizulegen. Sie können niemals vorhersehen, wie Erben „im Ernstfall“ miteinander umgehen – treffen Sie besser Vorkehrungen, Zwist von vorneherein zu vermeiden: Durch ein Testament, einen Erbvertrag oder eine Schenkung zu Lebzeiten.

FAQs

1. Kann eine Erbengemeinschaft ewig bestehen bleiben?

Nein. Die Buchstaben des Bürgerlichen Gesetzbuches geben zwar kein Limit vor, allerdings hat der Bundesgerichtshof in einem Präzedenz-Urteil festgelegt, dass sie nicht länger als 30 Jahre bestehen darf (BGH, 8.10.1984, Az. II ZR 223/83).

2. Darf ein Miterbe seinen Anteil an der Erbengemeinschaft verkaufen?

Ja. Jeder Miterbe kann seinen Erbanteil jederzeit an eine dritte Person verkaufen. Die Erbengemeinschaft hat in diesem Fall gleichwohl ein Vorkaufsrecht.

3. Was bedeutet Abschichtung in einer Erbengemeinschaft?

Bei einer Abschichtung verlässt ein Miterbe die Erbengemeinschaft, indem er freiwillig auf alle seine Rechte verzichtet – üblicherweise gegen eine zuvor mit den Miterben ausgehandelte Entschädigung. Er bleibt jedoch eventuellen Gläubigern gegenüber in der Pflicht, wenn er nicht gleichzeitig mit der Erbengemeinschaft eine Haftungsfreistellung vereinbart.

4. Kann ein Miterbe Alleinerbe werden?

Ja. Wenn ein Miterbe über die finanziellen Möglichkeiten verfügt, alle anderen Miterben auszuzahlen, kann er Alleineigentümer des Erbes werden und die Erbengemeinschaft wäre damit aufgelöst. Haken an der Geschichte: Selbst in diesem Fall müssen zuvor alle Erben einmütig dafür stimmen.

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