Risse am Haus sorgen schnell für Sorgenfalten auf der Stirn – und das in einigen Fällen völlig zu Recht. Vermutlich sind Sie als Eigentümer zunächst einigermaßen verunsichert, wenn Sie nach 15, 20 Jahren plötzlich gezackte Risse an der Hauswand entdecken: Handelt es sich um normale Alterserscheinungen oder ernstzunehmende Baumängel? Wichtig ist es, zwischen relativ harmlosen Putzrissen und bedenklichen Setzrissen zu unterscheiden, die die Statik des Gebäudes beeinträchtigen können: Sie müssen immer zeitnah ausgebessert werden. Ob Sie dafür einen Fachmann engagieren sollten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Lesen Sie im folgenden Ratgeber, wie Sie kritische Setzrisse erkennen, wie sie entstehen und worin sie sich von den eher unproblematischen Putzrissen unterscheiden, die Sie in aller Regel selbst ausbessern können.
Setzrisse oder Putzrisse: Wie unterscheiden sie sich?
Risse am Haus sind nicht nur in ästhetischer Hinsicht ein Störfaktor, sie können auch zur echten Gefahr werden. Vorab jedoch eine kleine Entwarnung: Bei den allermeisten Arten von Rissen handelt es sich um unbedenkliche Zeitgenossen, die gelegentlich mit ihrem unerwünschten Besuch aufwarten. Daneben gibt es gleichwohl Vertreter, die gefährlich sind und die Statik des Gebäudes bedrohen können. Dazu gehören die sogenannten Setzrisse, gelegentlich auch Setzungsrisse genannt. Die Schwierigkeit besteht nun darin, die harmlosen von den kritischen Rissen zu unterscheiden. Dazu gibt es eine Reihe typischer Charakteristika, mit denen sich die beiden Varianten voneinander abgrenzen lassen.
1. So identifizieren Sie Setzrisse
Bei einem Setzriss handelt es sich um einen langen und tiefen Riss, der zumeist schräg über die Wand verläuft. Das Alter Ihrer Immobilie spielt dabei übrigens keine Rolle, denn Setzrisse können sowohl im Altbau wie auch im Neubau auftreten – ebenso wie sie im Innen- als auch im Außenbereich ihre schöne Aufwartung machen. Typische Merkmale sind:
- schräg oder diagonal verlaufend
- oft von Fenster- oder Türöffnungen ausgehend, manchmal auch entlang von Mauerkanten oder Fundamenten
- der Riss reicht bis ins Mauerwerk (nicht nur in den Putz)
- die Breite liegt über 0,3 Millimeter und kann mehrere Millimeter erreichen
- häufig über 20 bis 30 Zentimeter lang
- vermehrte Präsenz an tragenden Wänden oder an statisch belasteten Punkten
- Auftreten häufig nach starken Regenfällen oder Bodenverdichtungen durch Nachbarbauten
- der Riss verändert sich sichtbar, er wird länger oder breiter
- oft saisonal verstärktes „arbeiten“, beispielsweise im Frühling stärker als im Winter
- Fenster oder Türen klemmen plötzlich
- Boden oder Decke wirken uneben
- gelegentlich Feuchtigkeitsflecken durch eindringendes Wasser
2. An diesen Merkmalen erkennen Sie Putzrisse
Putzrisse sind im Vergleich zu Setzrissen in der Regel unbedenklich, weil sie in aller Regel nur die oberste Schicht – die sogenannte Putzschale – betreffen. Sie treten bevorzugt in Neubauten auf, wenn der Putz falsch verarbeitet wurde und die Wand vor dem Verputzen noch zu feucht war. Aber auch in einem alten Gebäude können sich im Laufe der Zeit Putzrisse bemerkbar machen, wenn die Wände weiterhin „arbeiten“. Fachleute unterscheiden die diversen Arten von Putzrissen anhand ihres Erscheinungsbildes:
• Sackrisse: In der Regel horizontal verlaufende Risse, die 10 bis 20 Zentimeter lang sind und zumeist durch Spannungen im Putz entstehen, beispielsweise weil dieser zu dick aufgetragen wurde oder ungleichmäßig getrocknet ist.
• Schrumpfrisse: Netzartige Rissstruktur mit Breiten bis zu 0,5 Millimeter. Sie entstehen durch eine zu schnelle Austrocknung des Putzmörtels, der dabei schrumpft.
• Schwindrisse: Feine Haarrisse, meist netz- oder y-förmig, mit Breiten von maximal 0,2 Millimetern, die oft ebenfalls ihre Ursache im zu raschen Trocknen des Putzes haben. Diese Risse können allerdings bis zum Putzgrund verlaufen und treten häufig zwei bis drei Monate nach den Putzarbeiten in Erscheinung.
• Fettrisse: Kurze Haarrisse, die sich auf die Putzoberfläche beschränken
Gut zu wissen: Als gängige Faustformel gilt, dass Sie bei Rissen ab einer Breite von 0,2 Millimetern eine genauere Ursachenforschung betreiben sollten. Und vor allem: Beobachten Sie die Entwicklung des Risses genau, beispielsweise indem Sie in regelmäßigen Abständen Fotos mit dem Handy machen.
Was sind die Ursachen für Putzrisse?
Putzrisse entstehen häufig, wie bereits angedeutet, durch Verarbeitungsfehler oder durch Eigenschaften des Untergrunds. Zu den häufigsten Ursachen gehören:
- Unebene Putzgründe: Breite, schlecht vermörtelte Fugen führen zu einer unterschiedlichen Putzdicke – und damit zu Spannungen.
- Unterschiedlich saugende Untergründe: Materialien mit abweichender Wasseraufnahme begünstigen eine ungleichmäßige Trocknung und Putzfestigkeit.
- Hygrische und thermische Spannungen: Temperatur- und Feuchtigkeitswechsel verursachen Volumenänderungen, beispielsweise bei durchfeuchteten Leichtbauplatten.
- Materialwechsel im Untergrund: Unterschiedlich reagierende Baustoffe wie Ziegel und Beton verursachen Spannungen durch spezifisches Quell- und Schwindverhalten.
- Fehlerhafte Armierung: Putzgewebe wurden entweder gar nicht oder unzureichend überlappt – besonders bei Flächenübergängen kritisch.
- Zu feuchtes Mauerwerk beim Verputzen: Wenn die Wand beim Verputzen noch zu feucht war, kann der Putz später reißen, weil er sich nicht mehr flexibel anpassen kann.
Gut zu wissen: Putzrisse an Innenwänden sind in aller Regel lediglich optische Mängel und müssen nicht zwingend saniert werden. Risse an der Außenfassade sollten Sie jedoch zeitnah schließen, da ansonsten Feuchtigkeit eindringen und langfristig Bauschäden verursachen kann.
Wie entstehen Setzrisse am Haus?
Die Ursache für Setzrisse am Haus ist in den allermeisten Fällen im Baugrund zu finden: Nach der Errichtung eines Gebäudes beginnt sich der Boden darunter in einem natürlichen Prozess zu „setzen“. Das bedeutet: Der Untergrund verdichtet sich, Wasser wird herausgepresst und das Haus sinkt noch um bis zu 15 Millimeter ab. Je nachdem, welche Beschaffenheit der Boden nun hat vollzieht sich dieser Prozess relativ schnell – bei Sand- oder Kiesböden dauert es nur wenige Monate – oder er nimmt Jahrzehnte in Anspruch, wie beispielsweise bei tonhaltigen Böden.
Problematisch wird es, wenn die Absenkung nicht geleichmäßig verläuft – beispielsweise, weil sich an einzelnen Stellen hartes Gestein befindet oder Steinschichten mit Gefälle vorhanden sind. In solchen Fällen kann es zu Schiefstellungen kommen, die Spannungen erzeugen und letztlich Setzrisse in der Wand verursachen – sichtbar sowohl außen als auch innen. Neben der Bodenbeschaffenheit gibt es weitere Umstände, die eine ungleichmäßige Setzungim Baugrund begünstigen, respektive auslösen:
- Veränderungen im Grundwasserspiegel
- Ausschwemmungen unter dem Gebäude, beispielsweise durch Hochwasser
- Baumängel wie fehlerhafte Berechnung und Planung des Fundaments
- Drucküberlagerungen durch Nachbargebäude
- Bodenbewegungen in Folge von Aushubarbeiten in der Nachbarschaft
- Erschütterungen durch Erdbeben, Explosionen, starken Lastwagenverkehr und weiteres.
Setzriss entdeckt? Handeln Sie zügig!
Sobald Sie einen Setzriss an Ihrem Haus entdecken, sollten Sie einen Bausachverständigen zu Rate ziehen. Gerade bei größeren und tieferen Rissen ist eine richtige Einschätzung wichtig – auch wenn Ihre Immobilie schon ein paar Jahrzehnte „auf dem Buckel hat“. Der Fachmann kann eine qualifizierte Analyse durchführen und eine fundierte Einschätzung abgeben, mit welchen zukünftigen Bewegungen an den Rissflanken zu rechnen ist – und welche Maßnahmen angeraten sind. Ignorieren Sie Setzrisse am Haus, so kann dies ernsthafte Folgen für Ihr Zuhause und seine Bewohner haben.
Langfristige Auswirkungen unbehandelter Setzrisse:
• Schäden an der Statik: Unbehandelte Setzrisse können die Tragfähigkeit des Gebäudes gefährden. Im schlimmsten Fall drohen Teil- oder sogar Totalausfälle von Wandabschnitten oder Decken.
• Beschädigungen an Fassade und Dämmung: Setzrisse öffnen der Witterung Tür und Tor. Regenwasser, Frost und Temperaturschwankungen können durch die Risse eindringen, die Fassade angreifen und zur Ablösung von Putz führen. Gleichzeitig kann Feuchtigkeit der Dämmung schwer zusetzen, deren Wirkung massiv beeinträchtigen und Energieverluste begünstigen.
• Beeinträchtigung der Haustechnik: Auch Haustechnik-Systeme wie Elektroinstallationen, Wasserleitungen und Heizungsrohre können durch sich ausweitende Setzrisse in Mitleidenschaft gezogen werden – mit der Folge von Funktionsstörungen, Kurzschlüssen oder Wasserschäden, die sämtlich wiederum kostspielige Reparaturen nach sich ziehen.
• Risiken für Hausbewohner: Letztlich besteht für Bewohner und Nutzer des Gebäudes ein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Große und dynamische Setzrisse können das Herabfallen von Putzstücken oder die Instabilität ganzer Bauteile provozieren. Gleichzeitig ermöglichen Risse das Eindringen von Feuchtigkeit – ein Umstand, der das Risiko für Schimmelbildung massiv erhöht und damit die Gesundheit der Bewohner belastet und schädigt.
Insgesamt ist es daher essentiell, Setzrisse frühzeitig zu erkennen und fachgerecht sanieren zu lassen, um die langfristige Sicherheit und Werterhaltung der Immobilie zu gewährleisten.
Wie können Setzrisse saniert werden?
Setzrisse sollten Sie in Eigenregie eher nicht zu beheben versuchen. Da die Auswirkungen enorm sein können, wenn etwas schief geht oder falsch ausgeführt wird, ist es ratsam, die Sanierungsarbeit in Expertenhände zu legen. Bausachverständige können den Schaden treffsicher einschätzen und ein passendes Sanierungskonzept vorschlagen.
Grundlegende Sanierungsschritte:
1. Riss mit Hammer und Meißel ausfegen und reinigen
2. Haftgrund oder Nässeschutz auftragen
3. Riss mit Reparaturschachtel füllen und trocknen lassen
4. obere Putzschicht aus Zement- oder Kalkzementmörtel auftragen
5. Armierungsgewebe in die noch frische Putzschicht einbetten, um erneutes Aufreißen zu verhindern
6. Oberfläche glattziehen und gegebenenfalls vor dem Oberputz nochmals anfeuchten oder grundieren
Weitere, komplexere Methoden bei größeren Schäden:
- Rissinjektionen mit Kunstharz oder Zement
- Bauwerksinjektionen zu Stabilisierung
- nachträgliche Dehnungsfugen
- Rissvernadelung mit Stahlarmierungen (zur Verklammerung gerissener Bauwerksteile)
- Rissüberbrückende Beschichtungen und Hydrophobierungen zur Feuchtigkeitsabdichtung
In seltenen Fällen reicht es nicht aus, den Riss zu kitten, zu verputzen oder von innen aufzufüllen. Dann muss der Baugrund gezielt verstärkt werden. Dafür gibt es Baufirmen, die spezielle Baugrund- und Fundamentstabilisierungen anbieten.
So bessern Sie Putzrisse an Innenwänden aus
Kleinere Putzrisse an Innenwänden sind, wie erwähnt, zumeist unbedenklich und fallen in die Kategorie Schönheitsfehler. Hier können Sie beherzt selbst Hand anlegen und eine makellose Optik wieder herstellen:
Sie benötigen:
- Spachtel und Spachtelmasse
- Schleifpapier
- Wandfarbe
So gehen Sie vor:
- Staub und lose Teile entfernen
- Spachtelmasse auftragen und glattziehen
- nach dem Trocknen Oberfläche schleifen
- mit Wandfarbe überstreichen
• Putzrisse an der Außenfassade reparieren
Auch Putzrisse an der Außenfassade können Sie selbst ausbessern:
1. Rissige Fassade reinigen: entfernen Sie Verschmutzungen und Verfärbungen an der Fassade mit einem Hochdruckreiniger. Anschließend gut trocknen lassen.
2. Fassade grundieren: Damit die Farbe später besser haftet, lohnt es sich, Fassadengrund aufzutragen. So wird der Untergrund gut verfestigt und die Grundierung sorgt für ein gleichmäßiges Saugverhalten.
3. Fassade streichen: Ab einer Rissbreite von 0,2 Millimetern sollten Sie den Riss zunächst mit einem Rissfüller behandeln. Anschließend können Sie die Wand in der gewünschten Farbe streiche.
Bitte beachten Sie: Etwas größere und tiefere Putzrisse können Sie auch mit Fugenfüllprofilen, Haftgrund und Acrylmasse ausbessern und abdichten.
Fazit: Nehmen Sie Risse am Haus nicht auf die leichte Schulter
Risse am Haus sollten Sie niemals leichtfertig abtun. Während kleine, oberflächliche Putzrisse oft nur einen optischen Makel darstellen, können Setzrisse auf ernsthafte Probleme in der Bausubstanz oder im Baugrund hinweisen. Entscheidend ist es, die Ursachen richtig zu erkennen, die Risiken realistisch einzuschätzen und bei Bedarf fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn Sie frühzeitig handeln, vermeiden Sie hohe Sanierungskosten, Feuchtigkeitsschäden oder sogar strukturelle Gefahren. Ob Sie die Risse selbst ausbessern oder professionell sanieren lassen, können Sie sich stets in einem zweiten Schritt überlegen – nur ignorieren sollten Sie die ungebetenen Gäste unter keinen Umständen.
FAQS
1. Warum sind Setzrisse gefährlicher als Putzrisse?
Setzrisse reichen bis tief ins Mauerwerk und können im schlimmsten Fall auf ein statisches Problem am Gebäude hindeuten. Putzrisse entstehen dagegen, wie der Name andeutet, nur an der Putzoberfläche und sind zumeist lediglich Schönheitsfehler. Setzrisse verändern sich zudem im Zeitverlauf: Sie werden breiter und/oder länger und verschärfen so das Risiko für nachhaltige Schäden am Haus. Setzrisse sollten daher immer zeitnah repariert werden.
2. Sind Haarrisse im Putz normal?
Ja. Allerdings definiert die DIN V 18550 für Putze Haarrisse ein wenig spezifischer als das im allgemeinen Sprachgebrauch der Fall ist: Demnach fallen unter diese Kategorie Risse mit einer maximalen Breite von 0,1 Millimeter. Diese sind nur unter einem speziellen Licht und für das menschliche Auge ansonsten nicht sichtbar. Diese Magerexemplare gelten als normal, weil sie die Funktionalität der Beschichtung nicht beinträchtigen.
3. Sollten Setzrisse von einem Profi repariert werden?
Ja. Dafür gibt es drei wichtige Gründe: 1. Die Statik Ihres Hauses könnte gefährdet sein. 2. Verschlossene Risse brechen immer wieder auf, wenn Sie die Ursache für ihre Entstehung nicht beheben. 3. Größere Risse müssen fachgerecht verschlossen werden, damit alle Kräfte wieder optimal abgeleitet werden und keine neuen Spannungen entstehen.
4. Muss ich Putzrisse zügig ausbessern?
Jein. Feine, kaum sichtbare Risse an Innenwänden können Sie auch einfach so belassen, wenn sie Sie nicht stören. Anders sieht es allerdings bei Rissen an Außenwänden aus: Diese sollten Sie immer und möglichst zeitnah ausbessern, um das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern.





