Die Situation hat etwas Alptraumhaftes: Stellen Sie sich vor, Sie haben nach langer Suche Ihre Wunschimmobilie gefunden, die Finanzierung unter Dach und Fach gebracht, den Kaufvertrag unterschrieben – und erfahren dann aus heiterem Himmel, dass es einen Dritten gibt, der ein Vorkaufsrecht auf Ihr neues Zuhause hat. Nimmt er es wahr, bleiben Ihnen nur Enttäuschung und Frust. Im klassischen Sinn „anfechten“ oder sonst wie aushebeln können Sie ein Vorkaufsrecht in aller Regel nicht.
Vorkaufsrechte waren in früheren Zeiten sehr verbreitet, vorrangig um Immobilien und Grundstücke nach Möglichkeit im Familienbesitz zu halten. Aber sie existieren auch heute noch – einige sind sogar gesetzlich verbrieft. Lesen Sie im folgenden Ratgeber welche Varianten des Vorkaufsrechts es gibt, wie und wann es ausgeübt werden kann und wann ein Vorkaufsrecht bei Immobilien nicht gilt.
Was ist ein Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht ist im Grundsatz zunächst einmal nur das Recht einer Person, eine Immobilie oder ein Grundstück vor einem Dritten zu kaufen, wenn der Eigentümer verkaufen möchte. Das wäre für sich genommen ja keine große Sache: Der Eigentümer fragt den Vorkaufsberechtigten, der nickt oder lehnt ab – und der Verkaufsprozess fällt entweder kurz oder länger aus. So ist es aber leider nicht. Denn der § 463 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestimmt, dass das Vorkaufsrecht erst dann ausgeübt werden kann, wenn der Eigentümer, juristisch der Vorkaufsverpflichtete, mit einem Interessenten einen Kaufvertrag abgeschlossen hat. Noch mal ganz deutlich: Erst wenn zwei Parteien sich handelseinig sind und einen unterschriebenen Kaufvertrag vor sich liegen haben, darf der Vorkaufsberechtigte ihnen das Geschäft „vermasseln“. Welche tiefgründige Überlegung hinter diesem seltsamen § 463 BGB steckt, wird vermutlich auf immer das Geheimnis seiner Verfasser bleiben.
Gleichwohl: Das Nachsehen hat nur der interessierte Käufer, denn für den Eigentümer ändert sich nicht mehr als ein Name: Möchte der Vorkaufsberechtigte sein Recht im Anspruch nehmen, so muss er sein Interesse fristgerecht anmelden – und anschließend die Bedingungen aus dem bereits existenten Kaufvertrag übernehmen, einschließlich des Verkaufspreises. Er kann und darf also nicht in neue Verkaufsverhandlungen mit dem Eigentümer eintreten. Verzichtet der Vorkaufsberechtigte hingegen, so bleibt der Kaufvertrag zwischen Eigentümer und Käufer in seiner ursprünglichen Form bestehen.
• Arten des Vorkaufsrechts
Das Vorkaufsrecht kann Ihnen in diversen Facetten begegnen. Grundsätzlich sind dabei jedoch zwei Kategorien zu unterscheiden: Es gibt vertraglich vereinbarte Vorkaufsrechte, also quasi freiwillig zwischen zwei Parteien bestimmte Regelungen, und es gibt gesetzliche Vorkaufsrechte, die unabhängig von Personen oder Umständen existieren.
• Zu den vertraglichen Vorkaufsrechten gehören das recht verbreitete schuldrechtliche Vorkaufsrecht und das dingliche Vorkaufsrecht, das ausschließlich bei Grundstücken Anwendung findet.
• Gesetzliche Vorkaufsrechte dienen bevorzugt dem Schutz von Mietern und Miterben. In diese Kategorie gehört außerdem das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht, das Gemeinden oder Städten zur Realisierung einer vorgesehenen Stadtplanung zusteht.
• Zu unterscheiden sind außerdem: Das „Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall“. Es gilt, wie der Name unschwer vermuten lässt, einmalig und erlischt anschließend.
• Das „Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle“ hat dagegen auch nach einem bereits erfolgten Verkauf „auf ewig“ Bestand.
Gut wissen: Bei vertraglichen Vorkaufsrechten können die Vertragsparteien ergänzend eine Dauer bestimmen, also eine Zeitspanne, innerhalb derer das Vorkaufsrecht Gültigkeit hat. Ist sie abgelaufen, erlischt auch das Vorkaufsrecht.
Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht
Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht basiert auf den §§ 463 bis 473 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und greift für unbewegliche Sachen wie Grundstücke mit ihren wesentlichen Bestandteilen, also darauf befindlichen Immobilien, und auch für bewegliche Sachen. Es kommt immer durch einen Vertrag zwischen dem jeweiligen Eigentümer und einer zweiten Person zustande, die Vorkaufsberechtigter werden soll.
Wichtig: Die vertragliche Vereinbarung muss notariell beurkundet werden, ein privat erstelltes Dokument reicht nicht aus. Ein Eintrag ins Grundbuch ist hingegen nicht nötig.
Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht kann, wie oben bereits erwähnt, erst geltend gemacht werden, wenn der Eigentümer einen Kaufvertrag mit einem Drittkäufer geschlossen hat.
Verkauft der Eigentümer Grundstück oder Immobilie an einen Dritten, ohne den Vorkaufsberechtigten zu informieren, so bleibt der Kaufvertrag trotzdem gültig. Der Vorkaufsberechtigte kann bei einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht die Eigentumsübertragung an den Drittkäufer nicht in jedem Fall verhindern, ihm stehen in einem solchen Fall jedoch Schadensersatzansprüche zu.
• Fristen und Klauseln: So läuft ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht ab:
1. Der Eigentümer schließt mit einem Drittkäufer einen rechtsgültigen Kaufvertrag ab. Den Inhalt dieses Kaufvertrages übermittelt er an dem Vorkaufsberechtigten – oder überträgt diese Aufgabe dem involvierten Notar.
2. Der Vorkaufsberechtigte muss nun eine verbindliche Erklärung abgeben, ob er sein Recht ausüben möchte oder nicht, sprich: ob er Immobilie und/oder Grundstück kaufen will.
3. Handelt es sich um ein Grundstück, so hat der Vorkaufsberechtigte zwei Monate Zeit, um eine Entscheidung zu treffen (§ 469 BGB). Bei allen anderen Gegenständen gilt eine Frist von einer Woche. Sie läuft ab dem Zeitpunkt, ab dem der Vorkaufsberechtigte die Mitteilung über den Kauf/den Kaufvertrag erhalten hat. Ausnahme: Es wurde eine andere Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bestimmt.
4. Entscheidet sich der Vorkaufsberechtigte fristgerecht für die Ausübung seines Rechts, dann kommt quasi automatisch mit seiner Erklärung ein rechtsgültiger Kauf der Immobilie zustande – der ursprüngliche Käufer hat also das Nachsehen. Es wird eine Neufassung des existenten Kaufvertrags, zu identischen Bedingungen, aufgesetzt – und der Notar veranlasst die weiteren formalen Schritte.
Gut zu wissen: Theoretisch möglich, in der Praxis aber kaum noch üblich: Beim schuldrechtlichen Vorkaufsrecht können die vertragschließenden Parteien eine Kaufpreisbegrenzung vereinbaren. Sie sorgt dafür, dass der Vorkaufsberechtigte niemals mehr als den vertraglich fixierten Betrag X zahlen muss, wenn er sein Vorkaufsrecht ausübt. Diese Regelung greift auch dann, wenn der Drittkäufer einen deutlich höheren Bettag Y zu zahlen bereit gewesen wäre.
Bitte beachten Sie: Oftmals sichern sich Eigentümer gegenüber dem Drittkäufer vertraglich mit einer sogenannten „Escape-Klausel“ ab. Sie dient dem Schutz vor Schadenersatzforderungen, falls der Vorkaufsberechtigte sein Recht in Anspruch nimmt und der Drittkäufer leer ausgeht.
Das dingliche Vorkaufsrecht
Das dingliche Vorkaufsrecht genießt in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung: Es greift, erstens, nur für Grundstücke und „grundstücksgleiche Rechte“. Die gesetzlichen Regelungen in den §§ 1094 ff. BGB bestimmen außerdem, zweitens, dass es wahlweise eine konkrete Person oder den jeweiligen Eigentümer eines konkreten Grundstücks begünstigen kann. Richtig interessant wird es allerdings erst bei Punkt drei: Das dingliche Vorkaufsrecht erfordert nämlich eine Eintragung ins Grundbuch (§ 873 BGB). Es wird in der Regel wie der Nießbrauch oder Grunddienstbarkeiten in Abteilung II vermerkt.
Der Grundbuch-Eintrag hat nun Konsequenzen: Er wirkt wie eine Vormerkung für das Vorkaufsrecht und bewirkt sozusagen eine „Verfügungssperre“. Das meint: Anders als beim schuldrechtlichen Vorkaufsrecht, bei dem ja über einen fertigen Kaufvertrag quasi zunächst vollendete Tatsachen geschaffen werden müssen, kann (!) der Eigentümer in diesem Fall gar nicht an einen Dritten verkaufen, ohne dass er den Vorkaufsberechtigte zuvor informiert und dieser seinen Verzicht erklärt hat. Ohne Einwilligung des Vorkaufsberechtigten findet keine Eigentumsübertragung statt.
Kommentar am Rande: Die Regelungen des dinglichen Vorkaufsrechts sind nach Maßgabe des gesunden Menschenverstandes weitaus besser geeignet, ein beabsichtigtes Vorkaufsrecht nicht nur zu sichern, sondern seine Durchsetzung und Ausübung auch recht simpel zu garantieren. Der überflüssige Umweg über einen fertigen Kaufvertrag mit einem Drittkäufer entfällt.
Gut zu wissen: Der Vorkaufsrechtsvertrag, den Eigentümer und Vorkaufsberechtigter schließen, muss nicht notariell beglaubigt werden. Das Grundbuchamt nimmt die Eintragung auch ohne eine Beurkundung vor. Die Kostenfrage müssen die Vertragsparteien unter sich klären.
Das dingliche Vorkaufsrecht bleibt so lange im Grundbuch verankert bis:
- beide Parteien die Löschung wünschen und diese beantragen. Der Löschungsantrag muss gleichwohl von einem Notar beglaubigt werden.
- der Eigentümer oder der Vorkaufsberechtigte stirbt,
- eine eventuell vereinbarte Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts verstrichen ist.
Das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht
Ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht steht Städten und Gemeinden auf Basis der §§ 24 bis 28 des Baugesetzbuches (BauGB) zu. Darüber hinaus kann es zusätzlich in landesrechtlichen Gesetzen zum Denkmalschutz, zum Landschaft- und Naturschutz verankert sein. Das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht von Gemeinden gehört daher zu den gesetzlichen Vorkaufsrechten. Die grundsätzliche Regelung ist identisch wie beim schuldrechtlichen Verkaufsrecht: Erst wenn ein Kaufvertrag mit einem Drittkäufer vorliegt, kann die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht aktiv nutzen.
Allerdings gibt es eine Besonderheit: Die Gemeinde muss im Falle der Wahrnehmung ihres Vorkaufsrechts stets nachweisen, dass dieser Schritt zum „Wohle der Allgemeinheit“ oder zur Durchsetzung städtebaulicher Ziele zwingend notwendig ist. Entsprechend gestaltet sich die Art der Grundstücke, die von einem Vorkaufsrecht der Gemeinden betroffen sein können. Dazu gehören beispielsweise:
- Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der vorsieht, direkt angrenzende Flächen für öffentliche Zwecke zu nutzen,
- Grundstücke in städtebaulichen Entwicklungs- oder Sanierungsgebieten,
- Grundstücke im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, der die Flächen als Wohnbauflächen reserviert hat,
- Grundstücke der Landschaftspflege,
- Grundstücke zur Erholungsvorsorge
Verzichtet die Gemeinde auf ihr Vorkaufsrecht, so kann sie eine Vorkaufsverzichtserklärung, juristisch auch Negativtest genannt, formulieren oder – und diese Reglung bevorzugen Behördenmitarbeiter – die Frist einfach ablaufen lassen.
Gut zu wissen: Das Vorkaufsrecht von Städten und Gemeinden erlischt nach § 26 BGB automatisch, wenn der Eigentümer das Grundstück an einen Verwandten (bis zum dritten Grad) oder einen Ehe-, respektive Lebenspartner verkauft.
Das gesetzliche Vorkaufsrecht
Neben dem öffentlich-rechtlichen Vorkaufsrecht der Städte, Gemeinden und übrigens auch der Länder gibt es gesetzlich verankerte Vorkaufsrechte für Mieter und Miterben, die wiederum im BGB fixiert sind. Sie müssen nicht explizit vereinbart oder gar im Grundbuch eingetragen werden.
Wie funktioniert das Vorkaufsrecht bei Mietern?
Mieter haben nach § 577 BGB nur dann ein Vorkaufsrecht, wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt wurden oder werden sollen und anschließend an Dritte veräußert werden. In diesen Fällen steht dem Mieter das Recht zu, die Wohnung vor allen anderen zu kaufen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- Die Wohnung wird erst nach Mietbeginn des Mieters in eine Eigentumswohnung umgewandelt.
- Die Wohnung wird erstmalig verkauft.
- Der Drittkäufer ist kein Familienmitglied oder Hausangehöriger des Vermieters. In diesen Fällen hat der Mieter kein Vorkaufsrecht.
Der Vermieter/Verkäufer muss den Mieter über sein Vorkaufsrecht informieren und ihm den Kaufvertrag zur Einsicht zur Verfügung stellen – und ihm zeitgleich eine Entscheidungsfrist von zwei Monaten einräumen. Danach erlischt das Vorkaufsrecht. Missachtet der Vermieter/Verkäufer diese Regeln, so kann der Mieter von ihm Schadenersatz in nicht unerheblicher Höhe einfordern.
Möchte er hingegen sein Vorkaufsrecht wahrnehmen, so muss er dem Vermieter dies schriftlich und fristgerecht mitteilen. Der Mieter kann dann den Kaufvertrag zu den gleichen Bedingungen wie der Drittkäufer abschließen – auch Kaufpreis und Übergabetermin bleiben unverändert.
Gut zu wissen: Das gesetzliche Vorkaufsrecht steht Mietern nur für eine Wohnung zu, es greift nicht bei Häusern, ganz gleich, ob Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhaus. Und: Es besteht grundsätzlich kein Vorkaufsrecht, wenn die Wohnung unter dem neuen Eigentümer weiter vermietet wird.
Wie ist das Vorkaufsrecht bei Erbschaften geregelt?
Die Kombi aus Vorkaufsrecht und Erbschaft kann in mehreren Versionen auftreten:
• Die Immobilie oder das Grundstück wird vererbt und es gibt einen Vorkaufsberechtigten „für alle Verkaufsfälle“. Da die Erbschaft keinen Verkauf darstellt, hat der Vorkaufsberechtigte keine Chance, in irgendeiner Form einzugreifen. Die bietet sich ihm erst, wenn der Erbe Grundstück und Immobilie weiterveräußert. Im Grundsatz kann der Vorkaufsberechtigte Zeit seines Lebens von seinem Recht Gebrauch machen – erst mit seinem Tod erlischt auch das Vorkaufsrecht. Vorausgesetzt: Im Vorverkaufsvertrag ist nicht etwas anderes fixiert.
• Der Vorkaufsberechtigte stirbt. Sein Vorkaufsrecht wird vererbt. Das BGB sieht in § 473 prinzipiell die Nichtübertragbarkeit des Vorkaufsrechts vor, was bedeutet, dass es grundsätzlich auch nicht vererbt werden kann. Aber: Vereinbaren die Vertragsparteien im Vorkaufsvertrag explizit etwas anderes, so gelten stets diese Bestimmungen.
• Eine Erbengemeinschaft findet keine einvernehmliche Lösung. Ein Miterbe zieht entnervt einen Schlussstrich und verkauft seinen Erbteil. In diesem Fall sind zunächst einmal alle Mitglieder der Erbengemeinschaft vorkaufsberechtigt. Aber: Das Recht muss in Gemeinschaft wahrgenommen werden (§ 472 BGB), es gilt das Prinzip „Alle oder keiner“. Kein Gesetz der Welt kann allerdings den einzelnen Miterben daran hindern, seinen Erbteil an einen Dritten zu veräußern. Nun steht den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft ein Vorkaufsrecht an genau diesem Erbteil zu (§ 2034 BGB). Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung verhindern, dass sich Dritte in die Erbengemeinschaft „einkaufen“. Der „abtrünnige“ Erbe muss die übrigen Miterben über den Abschluss und den Inhalt des Kaufvertrags informieren. Für gewöhnlich übernimmt diese Aufgabe der Notar, der den Erbteilsverkauf ohnehin auf dem Tisch hat. Die Frist, innerhalb derer die verbliebene Erbengemeinschaft reagieren muss, liegt bei zwei Monaten.
Gut zu wissen: Kann sich die Erbengemeinschaft partout nicht über das Erbe einigen, so bleibt als letzte Lösung oft nur die Teilungsversteigerung. Immobilie und Grundstück werden dann öffentlich versteigert und der Erlös auf die Erben, entsprechend ihres Erbanteils, aufgeteilt. Bei der Versteigerung können Miterben selbstredend mitbieten, sie haben jedoch kein Vorkaufsrecht.
Was passiert mit dem Vorkaufsrecht bei einer Zwangsversteigerung?
Aus dem Wort selbst ergibt sich bereits, dass ein Vorkaufsrecht nur dann zum Tragen kommen kann, wenn der Eigentümer einen Verkauf ins Auge gefasst hat. Bei einer Zwangsversteigerung ist das nun wahrlich nicht der Fall – die Zwangsversteigerung ist weder im wahren Leben noch im juristischen Sinn ein Verkauf. Deshalb schließt sie auch jedes wie auch immer geartete Vorkaufsrecht aus (§ 471 BGB).
Am Rande: Das Oberlandesgericht München hat in einem Beschluss vom 11.5.2016 (Az.: 34 Wx 61/16) ausdrücklich festgestellt, dass ein im Grundbuch eingetragenes, dingliches Vorkaufsrecht „für den ersten Verkaufsfall“ vom Neu-Eigentümer zu übernehmen ist, der das Grundstück im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben hatte.. Diese stehe einem ersten Verkauf nicht gleich.
Wann gilt ein Vorkaufsrecht für Immobilien nicht?
Hier noch einmal übersichtlich zusammengefasst, die Situationen, in denen ein Vorkaufsrecht für Immobilien und Grundstücke nicht greift:
• Erbschaften
• Schenkungen
• Verkauf an Familienmitglieder (bei gesetzlichen Vorkaufsrechten)
• Tauschgeschäfte
• Zwangsvollstreckung
• Fristablauf der Ausübung
• Tod des Berechtigten, sofern keine andere Vertragsvereinbarung getroffen wurde
• Löschung aus dem Grundbuch (beim dinglichen Vorkaufsrecht)
Wie sieht ein Vorkaufsrechtsvertrag aus?
Ein Vorkaufsrechtsvertrag sollte möglichst alle Details, die Eigentümer und Vorkaufsberechtigter vereinbaren explizit benenn und dokumentieren. Im Grundsatz gelten die gesetzlichen Bestimmungen – viele Punkte können jedoch durch individuelle Absprachen ersetzt werden.
- Name und Anschrift beider Vertragspartner
- Beschreibung/genaue Kennzeichnung des Grundstücks/der Immobilie
- Beginn des Vorkaufsrechts
- eventuell zeitliche Begrenzung des Vorkaufsrechts
- Art des Vorkaufsrecht (schuldrechtlich, dinglich)
- Bestimmung, ob das Vorkaufsrecht vererbt werden kann
- Frist, innerhalb derer der Eigentümer den Vorkaufsberechtigten über den Verkauf informieren muss
- Frist, innerhalb derer der Vorkaufsberechtigte auf das Angebot reagieren muss
- eventuell Vertragstrafen bei Missachtung der getroffenen Vereinbarungen
- Ort und Datum der Vertragsunterzeichnung
- Unterschrift beider Vertragspartner
Bei einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht müssen Sie den Vertrag, wie oben erwähnt, notariell beglaubigen lassen. Bei einem dinglichen Vorkaufsrecht müssen Sie das Dokument zur weiteren Veranlassung an das Grundbuchamt schicken. Das Vorkaufsrecht gilt offiziell erst, wenn es im Grundbuch vermerkt ist.
FAQs
1. Kann ein Vorkaufsrecht vererbt werden?
Ja. Der Gesetzgeber hat zwar grundsätzlich vorgesehen, dass das Vorkaufsrecht als persönliches Recht auf die Lebensdauer des Berechtigten beschränkt bleibt und daher mit dessen Tod erlischt. Es kann jedoch ausdrücklich, das heißt durch ein explizite, schriftliche Vereinbarung, „vererbbar gemacht werden“.
2. Was passiert bei Missachtung des Vorkaufsrechts?
In aller Regel kann der übergangene Vorkaufsberechtigte Schadenersatz vom Verkäufer fordern, beispielsweise in Höhe der Differenz zwischen Verkaufspreis und Verkehrswert der Immobilie. Ist der Verkauf der Immobilie noch nicht rechtswirksam vollzogen (Grundbuch-Eintrag), so steht dem Vorkaufsberechtigten außerdem der Klageweg zur Erfüllung seines Vorkaufsrechts offen. Die dann entstehenden Kosten gehen zu Lasten des Verkäufers.
3. Kann ein Vorkaufsrecht einen Verkauf verhindern?
Nein. Grundsätzlich verhindern kann ein Vorkaufsrecht einen geplanten Verkauf nicht – es kann den Verkaufsprozess gleichwohl verzögern, weil Sie dem Vorkaufsberechtigten eine Frist zur Entscheidungsfindung einräumen müssen. Und natürlich kann es passieren, dass Sie sich von Ihrem Wunschkäufer verabschieden müssen, weil der Vorkaufsberechtigte sein Recht wahrnimmt.
4. Wie lässt sich ein Vorkaufsrecht wieder löschen?
Das klappt nur mit dem Einverständnis des Vorkaufsberechtigten: Entweder er gibt eine notariell beglaubigte Verzichtserklärung ab (schuldrechtliches Vorkaufsrecht) oder er unterschreibt zusammen mit dem Eigentümer vor einem Notar eine Löschungsbewilligung, die dieser dann zusammen mit dem Löschungsantrag an das Grundbuchamt weiterreicht (dingliches Vorkaufsrecht). Gesetzliche Vorkaufsrechte können hingegen nicht außer Kraft gesetzt werden.