13.445 Häuser, Wohnungen und Grundstücke wurden 2024 in Deutschland zwangsversteigert. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung des Fachverlags Argetra, der regelmäßig die Termine an allen knapp 500 Amtsgerichten analysiert. Der rasante Anstieg – im Vorjahr waren es noch 12.332 Zwangsversteigerungen – ist vor allem der schwächelnden Konjunktur und dem gestiegenen Zinsniveau geschuldet. Für Eigentümer, die ihren Immobilienkredit nicht mehr stemmen können, ist die Zwangsversteigerung oft die letzte Möglichkeit, ihren Schuldenberg abzutragen. Dabei müssen sie in Kauf nehmen, dass ihr Haus in aller Regel zu einem Preis deutlich unter Verkehrswert unter den sprichwörtlichen Hammer kommt. Dieser Umstand macht Zwangsversteigerungen im Umkehrschluss für Käufer attraktiv, die mit deutlicher Kostenersparnis gegenüber einem regulären Kauf eine Immobilie „erstehen“ möchten.
Was ist eine Zwangsversteigerung?
Der Begriff Zwangsversteigerung löst bei den allermeisten Menschen zunächst Unbehagen aus. Und das ist auch gerechtfertigt, handelt es sich doch stets um das bittere Ende einer Fehleinschätzung oder Fehlkalkulation, die in der Hauptsache aller Fälle mit einem Immobilienkredit begonnen hat – dessen Raten der Kreditnehmer irgendwann nicht mehr begleichen konnte. Um die Schuldenlast zu tilgen, muss die Immobilie „geopfert“ werden. Die Zwangsversteigerung ist ein Vollstreckungsverfahren, das im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) geregelt ist und vom zuständigen Amtsgericht durchgeführt wird. Es handelt sich im Prinzip also um die Durchsetzung eines Anspruchs mit staatlichen Machtmitteln. Im Juristendeutsch: Der Gläubiger hat die Möglichkeit, wegen einer Geldforderung in das unbewegliche Vermögen zu vollstrecken und so seinen Anspruch zu befriedigen.
Für gewöhnlich ist dieser Gläubiger die finanzierende Bank, bei der der darbende Immobilienkredit aufgenommen wurde. Sie stellt auch den Antrag beim zuständigen Amtsgericht. Ziel der Zwangsversteigerung ist die „Verwertung der Substanz“ anders als bei der Zwangsverwaltung, die auf eine „Nutzung der Erträge“ abzielt.
Gut zu wissen: Von der Zwangsversteigerung zu unterscheiden ist die Teilungsversteigerung, die zwar grundsätzlich nach den gleichen Regeln abläuft, aber aus anderen Gründen initiiert wird: Sie kommt immer dann ins Spiel, wenn sich Scheidungspartner oder Erbengemeinschaften nicht auf eine gemeinsame Lösung für die Immobilie einigen können – und einer der Beteiligten den Weg zum Amtsgericht wählt. Ziel der Teilungsversteigerung ist es, den Erlös aus der Versteigerung aufteilen zu können.
Ablauf einer Zwangsversteigerung im Detail
Jede Zwangsversteigerung muss beim Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Immobilie befindet, beantragt werden. Ein Rechtspfleger prüft anschließend, ob der Antrag ordnungsgemäß ist und die Voraussetzungen für die Anordnung einer Zwangsversteigerung vorliegen. Der Beschluss über die Anordnung des Verfahrens wird anschließend vom Gericht Gläubiger und Schuldner zugestellt – und es ergeht eine Meldung an das Grundbuchamt, das in Abteilung II des Grundstücks die Anordnung der Zwangsversteigerung einträgt.
Das Amtsgericht legt einen Versteigerungstermin fest, der öffentlich ist, das meint: für jedermann zugänglich. Der Ablauf ist normiert und teilt sich in 4 Teile auf:
1. Die Bekanntmachung der Versteigerung durch den Rechtspfleger
2. Die Bietzeit
3. Die Verhandlung über den Zuschlag
4. Der Verteilungstermin
Die 4 Punkte erläutern wir nachfolgend im Detail genauer.
Im Vorfeld der eigentlichen Eröffnung des Verfahrens passiert jedoch noch etwas Entscheidendes: Das Amtsgericht muss den Verkehrswert der Immobilie festsetzen. Dazu beauftragt es in aller Regel einen Sachverständigen, der das Haus begutachten soll. Crux an der Sache: Der Eigentümer der zu versteigernden Immobilie ist nicht verpflichtet den Gutachter in sein Haus zu lassen. Der Sachverständige kann folglich nur eine Inaugenscheinnahme von außen vornehmen – und darf dieses Defizit in seinem Gutachten durch einen Abschlag von 10 bis 30 Prozent kompensieren. Die Wahrscheinlichkeit ist folglich groß, dass das gerichtliche Gutachten nicht dem tatsächlichen Verkehrswert entspricht (dazu auch weiter unten).
Gut zu wissen: Für gewöhnlich liegen zwischen Anordnung der Zwangsversteigerung und Bestimmung eines tatsächlichen Versteigerungstermins 9 bis 12 Monate, regional auch schon mal 24 Monate.
1. Die Bekanntmachung
Der Versteigerungstermin startet mit der Eröffnung durch den Rechtspfleger, der zunächst alle wichtigen Eckdaten der Immobilie vorträgt. Diese Informationen wurden zwar zuvor bereits im Internet und auch über die Aushänge im Amtsgericht publiziert, das Verfahren verlangt gleichwohl die öffentliche Wiederholung.
Der Rechtspfleger nennt nicht nur den Verkehrswert der Immobilie, sondern er gibt auch das festgelegte Mindestgebot bekannt, das nicht unterschritten werden darf. Darin sind unter anderem die Kosten des Verfahrens, auch Barwert genannt, und Belastungen der Immobilie enthalten, die zwingend beglichen werden müssen, beispielsweise rückständige Grundsteuern.
2. Die Bietzeit
Die Bietzeit hieß früher einmal Bieterstunde, weil sie auf die Dauer von 60 Minuten beschränkt war – heute sind mindestens 30 Minuten angesetzt und eine Höchstdauer gibt es nicht mehr: Die Bietzeit dauert so lange, bis der Rechtspfleger ihr Ende verkündet. Dies geschieht in der Regel dann, wenn nach dreimaligem Aufruf des letzten Gebots keine weiteren Gebote mehr abgegeben werden. Also ganz so, wie Sie das aus einschlägigen Versteigerungen in Film und Fernsehen kennen.
Wobei, ganz so simpel ist es dann doch wieder nicht: Denn bieten dürfen Sie nur, wenn Sie nachweisen können, dass Sie über die finanziellen Mittel für den Kauf verfügen. Wie Sie das anstellen? Nun Sie müssen einen Scheck in Höhe von 10 Prozent des Verkehrswerts der Immobilie in Ihrer Brieftasche dabeihaben. Und zwar nicht irgendeinen, sondern einen frühestens am dritten Werktag vor dem Versteigerungstermin ausgestellten, bestätigten Bundesbank-Scheck oder eine frühestens am dritten Werktag zuvor ausgestellte Bürgschaftserklärung eines zugelassenen Kreditinstituts. Wahlweise können Sie den Betrag auch vorab auf ein Konto der Gerichtskasse überweisen. Erhalten Sie den Zuschlag dann nicht, bekommen Sie Ihr Geld unmittelbar nach dem Versteigerungstermin zurück.
Es gilt grundsätzlich: Können Sie die Sicherheitsleistung nicht sofort erbringen, weist das Gericht Ihr Gebot zurück.
3. Die Verhandlung über den Zuschlag
Die Verhandlung über den Zuschlag ist alles andere als ein formaler Akt, denn es gibt eine ganze Reihe von Regeln, die beachtet werden müssen – und es gilt keineswegs, dass das höchste Gebot quasi automatisch den Deal gemacht hat.
Im Einzelnen: Beim ersten Zwangsversteigerungstermin greift stets die sogenannte 5/10-Grenze. Das bedeutet: Das Gericht wird einen Zuschlag nur erteilen, wenn das höchste Gebot bei mindestens 50 Prozent des Verkehrswerts der Immobilie (inklusive dazugehöriger Belastungen) liegt.
In einem solchen Fall kann der Gläubiger gleichwohl der Zuteilung widersprechen, wenn das höchste Gebot nicht mindestens 70 Prozent des Verkehrswerts der Immobilie beträgt (7/10-Grenze). Beide Grenzen hat der Gesetzgeber eingeführt, um Schleuderpreise für Immobilien zu verhindern (5/10-Limit) und um Gläubigern des Eigentümers, reelle Chancen einzuräumen, dass ihre Forderungen bedient werden können (7/10-Grenze).
Aber: Wird der Zuschlag aufgrund des 5/10- oder 7/10-Limits einmal versagt, so gelten beide Grenzen in späteren Terminen nicht mehr. Gelingt es nämlich nicht, bei der ersten Versteigerung einen Käufer zu bestimmen, so setzt das Gericht innerhalb zumeist eines halben Jahres einen zweiten Versteigerungstermin an. Auf diese Weise, also durch die Abgabe eines bewusst zu niedrigeren Gebots, können risikofreudige Bietinteressenten die Wertgrenzen gezielt aushebeln.
Anders sieht es aus, falls beim ersten Versteigerungstermin überhaupt kein Gebot abgegeben wurde – in diesem Fall bleiben in Wertgrenzen auch im Folgetermin bestehen.
Gut zu wissen: Erhalten Sie vom Gericht den Zuschlag, so sind Sie ab Verkündung des Zuschlagsbeschlusses automatisch Eigentümer der Immobilie. Dies ist eine bemerkenswerte Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz, dass die Eigentumsübertragung erst mit dem entsprechenden Grundbucheintrag wirksam wird.
4. Der Verteilungstermin
Der Verteilungstermin wird vom Amtsgericht für gewöhnlich auf ein Datum 6 bis 8 Wochen nach der Versteigerung angesetzt. Bei diesem wird der Erlös aus der Zwangsversteigerung auf die Gläubiger verteilt und die Eigentumsübertragung im Grundbuch veranlasst.
Bis dahin haben Sie als neuer Eigentümer der Immobilie jedoch einiges zu erledigen: Sie müssen die Immobilie versichern und sollten möglichst zügig die Grunderwerbsteuer an das Finanzamt überweisen sowie den Kaufpreis an die Gerichtskasse zahlen. Das Gericht berechnet Ihnen nämlich 4 Prozent Zinsen auf Ihr Gebot (abzüglich der Sicherheitsleistung) für die Zeit ab dem Zuschlag (dazu auch weiter unten).
Mit dem Zuschlagsbeschluss halten Sie zudem einen vollstreckbaren Titel auf Räumung und Herausgabe gegen den Immobilieneigentümer in Händen – der allerdings erst nach dem Verteilungstermin Rechtskraft erhält. Auf Antrag bekommen Sie gleichwohl von jedem Amtsgericht eine sofort vollstreckbare Ausfertigung.
Gut zu wissen: Der Grundbucheintrag wird vom Grundbuchamt auf Ersuchen des Amtsgerichts vorgenommen. Sie brauchen also keinen Notar und sparen die Kosten. Lediglich die Amtsgebühr von 0,5 Prozent des Kaufpreises geht zu Ihren Lasten.
Vorteile und Risiken beim Erwerb einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung
Der Wert der in Deutschland zwangsversteigerten Immobilien kletterte 2024 auf stattliche 4,3 Milliarden Euro. So viele Käufer können doch nicht irren, oder? Nein natürlich nicht, denn im Grundsatz birgt das Gros der Zwangsversteigerungen durchaus die Chance, eine respektable Immobilie zu einem günstigen Preis zu erwerben. Nur: Eine Garantie, dass das angebotene Objekt tatsächlich keine bösen Überraschungen bereithält, gibt es eben nicht.
Die Vorteile eines Immobilienkaufs aus einer Zwangsversteigerung sind recht eindeutig:
• Sie können eine gute Immobilie zu einem attraktiven Preis erwerben, der bis zu 30 Prozent unter ihrem Verkehrswert liegt.
• Die Ersparnis kann im Einzelfall noch größer ausfallen, weil der Verkehrswert der Immobilie höher ist als vom Gericht angesetzt oder weil die 7/10-Grenze in einem zweiten Versteigerungstermin nicht mehr gilt.
• Sie sparen in jedem Fall die Maklerkosten und außerdem die Zeit für die Suche nach einem geeigneten Haus.
• Sie müssen keinen Gutachter bezahlen, falls Sie einen Kauf ohne Makler erwogen hatten. Das Amtsgericht hat ja bereits einen Sachverständigen beauftragt.
• Die Notarkosten für die Beurkundung eines Kaufvertrages entfallen ebenfalls.
• Für Kapitalanleger eröffnen sich reizvolle Investitionsmöglichkeiten, auch weil Instandsetzungs- und Renovierungsmaßnahmen steuerlich absetzbar sind.
Die Liste der Risiken einer Zwangsversteigerungs-Immobilie hat es gleichwohl in sich:
• Sie können die Immobilie nur von außen besichtigen, der Eigentümer muss Sie nicht ins Haus lassen.
• Hausrecht hat der Eigentümer auch gegenüber dem Sachverständigen des Amtsgerichts: Dieser hat folglich keine Möglichkeit, Baumängel, Wasserschäden, Schimmel und dergleichen in seinem Verkehrsgutachten zu berücksichtigen.
• Sie können nach dem Zuschlag weder das Gericht noch den Eigentümer in Haftung nehmen, sollten sich gravierende Schäden an der Immobilie offenbaren. Ein Rücktritt vom Kauf oder eine Kaufpreis-Minderung sind ebenfalls ausgeschlossen.
• Das Gutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes wird nur einmal zu Beginn des Verfahrens erstellt. Zieht sich eine Zwangsversteigerung über Jahre hin, so veraltet es: Der Zustand des Hauses kann sich währenddessen spürbar verschlechtern, ohne dass eine Korrektur des Verkehrswerts vorgenommen wird.
• Im Einzelfall kann es vorkommen, dass der Vorbesitzer nicht freiwillig auszieht und Sie eine Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher in die Wege leiten müssen. Gegebenenfalls zerstört der Eigentümer in dieser Situation noch mutwillig Teile des Hauses.
Gut zu wissen: Falls Sie gezielt nach einer Zwangsversteigerung Ausschau halten möchten, finden Sie die Daten und Termine auf verschiedenen Versteigerungsportalen im Netz, als Aushänge am Amtsgericht und bei vielen Geldinstituten sowie in der lokalen Tageszeitung..
Vorbereitung auf eine Immobilien-Zwangsversteigerung
Wenn Sie erwägen, eventuell eine Immobilie aus einer Zwangsversteigerung zu kaufen, dann sollten Sie ein paar grundlegende Tipps beherzigen.
1. Besuchen Sie unverbindlich eine Zwangsversteigerung
Bevor Sie tatsächlich „richtig“ mitbieten, sollten Sie quasi probehalber eine oder auch zwei Zwangsversteigerungen besuchen. So bekommen Sie ein Gefühl für die Atmosphäre, die Stimmung und natürlich für den Ablauf.
2. Betreiben Sie eine gründliche Objektrecherche
Sammeln Sie alle verfügbaren Information zur Immobilie. Hierbei kann Ihnen der Rechtspfleger eine große Hilfe sein, den Sie über das Aktenzeichen der Bekanntmachung herausfinden können. Er gewährt Ihnen Einblick in das Verkehrswertgutachten, in dem unter anderem die genaue Lage des Hauses und eventuelle (äußere) Baumängel vermerkt sind.
Achten Sie dabei unbedingt auf das Datum des Gutachtens. Wurde es bereits vor einiger Zeit erstellt, kann sich der Zustand der Immobilie mittlerweile verschlechtert haben. Prüfen Sie unbedingt auch, ob der Gutachter ins Haus durfte oder ob er sich auf den äußeren Zustand des Hauses beschränken musste.
3. Prüfen Sie den Grundbuchauszug
In der Zwangsversteigerungsakte finden Sie auch eine beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts der Immobilie. Verschaffen Sie sich einen präzisen Überblick über alle Eintragungen, insbesondere Grundschulden und Sondernutzungsrechte Dritter.
4. Sondieren Sie die Lage
Versuchen Sie eine Besichtigung mit dem Eigentümer zu vereinbaren. Falls er diese verwehrt, können Sie sich trotzdem die konkrete Lage ansehen. Wenn es Ihrem Naturell entspricht, fragen Sie in der Nachbarschaft nach dem Eigentümer – und erfahren so vielleicht auch etwas über den Zustand der Immobilie. Checken Sie auf einem der Vergleichsportale im Internet die Mietpreise in der unmittelbaren Umgebung, um den Wert der Immobilie besser einschätzen zu können.
5. Bringen Sie die Finanzierung in trockene Tücher
Klären Sie vor dem Versteigerungstermin unbedingt mit Ihrer Bank ab, ob die Finanzierung des Kaufpreises nicht nur möglich ist, sondern auch zügig abgewickelt werden kann. Denken Sie dabei auch an die 10prozentige Sicherheitsleistung, die Sie bereits zum Termin mitbringen müssen.
Gut zu wissen: Die inzwischen recht hohe Transparenz, wo und wann welche Immobilien versteigert werden, wirkt sich positiv und negativ auf Ihre Chancen auf ein Schnäppchen aus: Positiv, weil Sie problemlos von der Versteigerung erfahren können – negativ, weil es anderen genauso geht.
Besichtigungsmöglichkeiten bei Zwangsversteigerungen
Wie bereits mehrfach erwähnt, haben Sie kein Recht die Zwangsversteigerungs-Immobilie zu besichtigen, solange diese bewohnt ist. Es steht gleichwohl im Ermessen des Eigentümers, Ihnen trotzdem eine Innenbesichtigung zu gestatten. Fragen Sie deshalb stets höflich nach – auch wenn sich im Verkehrsgutachten der Standardsatz findet, dass eine Besichtigung nicht möglich ist. Signalisiert Ihnen der Eigentümer, dass Sie sich umsehen dürfen, sagen Sie in jedem Fall zu – und nehmen Sie einen Immobiliengutachter mit.
Steht die Zwangsversteigerungs-Immobilie hingegen bereits leer, so spricht nichts dagegen, sie auch von innen in Augenschein zu nehmen. Wenden Sie sich dazu an den Zwangsverwalter, den Hausmeister oder auch die Gläubigerbank. Möchten Sie eine Eigentumswohnung ersteigern, so bitten Sie den Verwalter bei der Besichtigung gleich um Protokolle der Eigentümergemeinschaft und den Wirtschaftsplan. Fragen Sie ihn direkt nach eventuellen Wohngeldrückständen des Vorbesitzers.
Finanzierung einer ersteigerten Immobilie
Grundsätzlich müssen Sie vor der Versteigerung die Finanzierung Ihres Maximalgebots sprichwörtlich hieb- und stichfest machen. Schließlich können Sie nach dem Zuschlag nicht mehr vom Kauf zurücktreten.
Starten Sie Ihre Budgetplanung mit einer sorgfältigen Auflistung Ihres Eigenkapitals. Die notwendige Sicherheitsleistung in Höhe von 10 Prozent des Verkehrswerts müssen Sie bei der Versteigerung bereits vorweisen – Sie sollten sie daher am besten aus Ihren Eigenkapital bestreiten können.
Kalkulieren Sie zur puren Finanzierung unbedingt einen großzügigen Puffer für Renovierungen ein. Häufig können Sie die Immobilie nicht von innen besichtigen und wissen daher nicht, welche Kosten für Instandsetzungen und Reparaturen noch vor Ihrem Einzug auf Sie zukommen.
Im Grundsatz gestaltet sich die Finanzierung einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung jedoch unproblematisch. Sollte Ihre Hausbank hingegen zum Kreis der Bedenkenträger gehören, die für einen solchen Fall Risikoaufschläge in Form eines höheren Sollzinses verlangt, dann lohnt sich ein sorgfältiger Vergleich mit anderen Anbietern – und in jedem Fall eine ausführliche Beratung.
Kosten und Formalien bei einer Zwangsversteigerung
Die Zwangsversteigerung ist ein Vollstreckungsverfahren vor dem Amtsgericht – und entsprechend an ein paar obligatorische, formale Voraussetzungen gebunden. Um mitbieten zu können, müssen Sie
- mindestens 18 Jahre alt sein,
- einen gültigen Personalausweise oder Reisepass vorlegen,
- die Sicherheitsleistung in Höhe von 10 Prozent des Verkehrswerts mitführen (Bundesbank-Scheck oder Bankbürgschaft),
- falls Sie selbst nicht mitbieten, benötigt Ihr Vertreter eine notariell beglaubigte (!) Bietervollmacht.
Wie oben bereits ausgeführt, können Sie beim Kauf einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung nicht nur beim eigentlichen Kaufpreis, sondern auch bei den Kaufnebenkosten sparen. Stichwort: Keine Makler- und keine Notarkosten. So ganz „umsonst“ arbeitet das Amtsgericht nun allerdings auch nicht. Mit „Zuschlagsgebühr“ ist die Rechnung überschrieben, die Sie von der Gerichtskasse direkt nach Erteilung des Zuschlags erhalten. Darin sind die Gebühren für die Versteigerung enthalten. Deren Höhe richtet sich nach der Höhe Ihres Gebots und ergibt sich aus der Gebührentabelle des § 34 des Gerichtskostengesetzes (Anlage 2). Wichtig: Von den dort ausgewiesen Beträgen müssen Sie als Käufer lediglich die Hälfte zahlen, der andere Part geht zulasten des Antragstellers der Zwangsversteigerung.
Zur Veranschaulichung: Bei einem Gebot von 200.000 Euro beträgt die Zuschlagsgebühr 960,50 Euro, bei 300.000 Euro wären es 1.356,50 Euro und bei 500.000 Euro 1.950,50 Euro.
Zusätzlich verlangt das Gericht für die Zeit ab Zuschlagserteilung bis zur Zahlung des vollständigen Gebotspreises Zinsen in Höhe von 4 Prozent. Berechnungsgrundlage ist Ihr Gebot abzüglich Ihrer bereits geleisteten Sicherheitszahlung in Höhe von 10 Prozent des Verkehrswerts. Es lohnt sich also, die Kaufsumme möglichst zügig zu überweisen, um die Zinskosten klein zu halten. Wichtig: Sie müssen parallel zu Ihrer Überweisung einen Antrag auf Annahme zur Hinterlegung stellen, damit die Summe korrekt zugeordnet werden kann.
Neben diesen Gerichtskosten müssen Sie, wie erwähnt, die Gebühren für den Eigentumsvermerk im Grundbuch schultern (0,5 Prozent des Kaufpreises) und – wie bei einem klassischen Immobilienkauf – die Grunderwerbsteuer berappen (in Bayern 3,5 Prozent des Kaufpreises).
Wie sich die Kostenersparnis beim Kauf einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung gegenüber der klassischen Variante in barer Münze auswirkt, können Sie in folgenden, fiktiven Beispiel erkennen:
Verkehrswert der Immobilie: 350.000 Euro
Kaufpreis: 280.000 Euro (Zwangsversteigerung), 350.000 Euro (regulärer Immobilienkauf)
Maklercourtage 3,57 %: 0 Euro (Zwangsversteigerung), 12.495 Euro (Immobilienkauf)
Notarkosten 1,5 %: 0 Euro, 5.250 Euro
Grundbucheintrag 0,5 %: 1.400 Euro, 1750 Euro
Immobiliengutachten ca. 1,5 %: 0 Euro, 5.250 Euro
Zuschlagsgebühr: 1.208 Euro, 0 Euro
Zinsen 4 %, 4 Wochen: 840 Euro, 0 Euro
Grunderwerbsteuer 3,5 %: 9.800 Euro, 12.250 Euro
Finaler Kaufpreis: 293.248 Euro (Zwangsversteigerung), 386.995 Euro (klassischer Kauf)
Während Sie also zunächst den Zuschlag für ein Gebot erhalten haben, das bei 80 % des Verkehrswerts der Immobilie lag (80 % von 350.000 = 280.000), liegt Ihr finaler Kaufpreis durch die deutlich geringeren Kaufnebenkosten bei 75,78 % des Preises, der bei einem klassischen Immobilienkauf fällig geworden wäre (293.248 von 386.995 = 75,78 %).
Tipps für erfolgreiche Bieter
• Besuchen Sie 2 bis 3 Zwangsversteigerungen als reiner Zuschauer: So bekommen Sie ein Gefühl für Ablauf und Atmosphäre.
• Informieren Sie sich bestmöglich über die Auktions-Immobilie: Wenden Sie sich an den zuständigen Rechtspfleger, nehmen Sie Akteneinsicht und sehen Sie sich Haus in natura an.
• Setzen Sie sich ein Limit: Legen Sie im Vorhinein fest, welchen Betrag Sie maximal ausgeben möchten und halten Sie sich an diese Höchstgrenze.
• Denken Sie an Ihren Ausweis und die Sicherheitsleistung: Beides ist notwendig, um überhaupt mitbieten zu können.
• Sichern Sie die Finanzierung vor der Zwangsversteigerung: Sie müssen die komplette Kaufsumme bis zum Verteilungstermin überweisen können. Ein Rücktritt vom Kauf ist nicht möglich.
• Überlegen Sie genau, wann Sie ein Gebot abgeben: Bei einer Zwangsversteigerung hat bereits das mündliche Gebot Rechtskraft und kann nicht mehr zurückgenommen werden.
• Gehen Sie taktisch vor: Nennen Sie möglichst ungerade Beträge, um Ihr Limit zu verschleiern und gegebenenfalls noch Luft nach oben zu haben.
• Für Risikofreudige – Geben Sie ein Gebot unter dem Mindestgebot ab: Wird die Immobilie beim ersten Termin nicht versteigert, entfällt durch Ihre Gebotsabgabe im folgenden Termin das Mindestgebot.
FAQs
1. Wie finde ich Zwangsversteigerungstermine?
Im Netz finden Sie diverse Plattformen, auf denen Sie gestaffelt nach Bundesland und Amtsgericht die aktuellen Zwangsversteigerungen einsehen können. Ihr örtliches Amtsgericht veröffentlicht die Termine zudem in hauseigenen Aushängen oder in der Tageszeitung.
2. Wieviel günstiger sind Immobilien aus einer Zwangsversteigerung?
Allgemein gilt, dass Sie eine Immobilie aus einer Zwangsversteigerung rund 30 Prozent unter Verkehrswert erwerben können. Diese Angabe ergibt sich pauschal aus der 70-Prozent-Grenze, die Gläubiger ansetzen, um ihre Forderungen bedienen zu können. Im Einzelfall kann die Ersparnis jedoch auch deutlich höher ausfallen, weil die 70-Prozent-Grenze nur im ersten Versteigerungstermin greift.
3. Kann ich eine Immobilie vor der Versteigerung besichtigen?
Nein. Grundsätzlich haben Sie kein Recht auf eine (Innen-)Besichtigung, solange die Immobilie noch bewohnt ist. Der Eigentümer muss Sie nicht ins Haus lassen. Bei leerstehenden Häusern oder Wohnungen kann der Verwalter Ihnen hingegen Zutritt gewähren.
4. Sind Zwangsversteigerungen immer öffentlich?
Ja. Zwangsversteigerungen sind öffentliche Veranstaltungen, an denen jeder teilnehmen kann. Wenn Sie mitbieten möchten, müssen Sie ein gültiges Ausweisdokument und die Sicherheitsleistung in Höhe von 10 Prozent des Verkehrswerts (als Bundesbank-Scheck oder Bankbürgschaft) mitbringen.